Über viele Jahrhunderte war der Einsatz bewaffneter Kämpferinnen im europäischen Kulturkreis ein Tabu. Waffenträger waren ausschließlich Männer.
Allerdings gab es bis in die Neuzeit immer wieder Ausnahmen, nicht nur in der Antike.
Am bekanntesten ist der in der Ilias geschilderte Kampf der Griechen mit Achill gegen die Amazonen mit ihrer Königin Penthesilea, dem Heinrich von Kleist (1777-1811) ein Drama gewidmet hat.
In Rom gab es Gladiatorinnen, deren Geschichte weitgehend unbekannt ist.
Im Nibelungenlied verkörpern zwei Königinnen als Brünhild den Idealtyp einer Kriegerin, oder als Krimhild das Bild einer grausam rächenden Heldin.
Nicht zu vergessen die im Transzendenten wirkenden Schlachtjungfrauen, die Walküren, die gefallene Helden heimführen, im Gefecht über Leben und Tod, sogar den Ausgang von Schlachten entscheiden konnten. Auch weibliche Gottheiten der Antike trugen Waffen und griffen in irdische Kämpfe ein.
Frauen als Königinnen oder Schlachtenlenkerinnen soll es in Ägypten, Assyrien, Britannien, China, Griechenland, Japan im Orient usw. gegeben haben.
Später wird von Frauen berichtet, die sich als Männer verkleideten und kämpften: Beim Militär, in der Kriegsmarine oder als Piratin. Manchmal gingen sie als erfolgreiche Kämpferinnen in Sagen und Lieder ein. Oder wurden, wie die „Jungfrau von Orleans“, zu Märtyrerinnen oder sogar Heiligen.
In größerem Maßstab änderte sich das erst im 20. Jahrhundert im Zuge der immer wichtiger werdenden Gleichberechtigung, die Frauen Zugang zu allen denkbaren Berufen verschaffen will.
In beiden Weltkriegen wurden Frauen in westlichen Ländern zu Hilfsdiensten herangezogen, doch in der Regel noch nicht als Teile der kämpfenden Truppe.
In der Sowjetunion wurden gleich nach der Februarrevolution von 1917 Fraueneinheiten gebildet und auch an der Front eingesetzt.
Im Zweiten Weltkrieg lernten dann deutsche Soldaten die als „Flintenweiber“ verfemten Kämpferinnen der Roten Armee zu fürchten.
Heute finden sich in vielen Armeen Frauen als gleichberechtigte Soldatinnen.
In wie weit man es als kulturellen Fortschritt werten soll, dass nun auch Frauen mit der Waffe in der Hand aufeinandertreffen und sich gegenseitig töten können, ist Meinungssache.
Und wie stand es in der Antikemit den sagenumwobenen Amazonen?
Weibliche Kämpferinnen waren ein beliebtes Motiv in der Griechischen und Römischen Kunst.
Allem Anschein nach wurde in der Antike kaum bezweifelt, dass es – etwa am sagenumwobenen Fluss Thermodon (Terme Cayi am Schwarzen Meer) – gut trainierte, gefährliche Kriegerinnen gegeben hat, die dann in Mythen und Sagen phantasievoll verklärt wurden.
Aber lassen sich diese Amazonen auch historisch belegen?
In einigen Fällen scheint die Existenz weiblicher Kämpferinnen, Fürstinnen und Königinnen der Bronze- bzw. Eisenzeit gesichert, die Vorbilder für die Amazonen der Mythen bieten:
Skythen
Die Skythen als Beispiel lebten etwa ab dem 8. vorchristlichen Jahrhundert als Nomaden in den asiatischen Steppen nördlich des Schwarzen Meeres.
Als exzellente Reiter und Bogenschützen, die in vollem Galopp sogar rückwärts schießen konnten, überfielen sie Siedlungen, raubten, plünderten, erbeuteten und verkauften Sklaven; ein Schrecken der Sesshaften.
Ihre wichtigste Waffe waren vermutlich schon leistungsfähige Komposit-Bogen mit großer Reichweite und Durchschlagskraft; wertvolle Waffen die vererbt wurden.
Skythen huldigten schamanistischen Ritualen und tranken angeblich alkoholische Getränke aus den Schädeln erschlagener Feinde; ein einst bei etlichen, wenig zivilisierten, vorchristlichen Stämmen verbreiteter Brauch.
Jungen und Mädchen der Skythen und anderer Reiter-Nomaden trugen die gleiche Kleidung und lernten von Klein an Reiten und Bogenschießen.
Die Clane der Steppen-Nomaden standen in dauerndem Streit um Weidegründe und Wasserstellen; so kam es nicht selten auch untereinander zu Übergriffen, und Jeder musste wachsam und verteidigungsbereit sein.
Da die Mädchen genauso gut (oder besser) Reiten und Bogenschießen (im Krieg mit vergifteten Pfeilen) konnten wie die Jungen, nahmen sie als gleichberechtige Kämpferinnen an Kriegszügen teil und konnten respektierte Anführerinnen werden.
Massageten
Zwischen dem Kaspischen Meer und dem Aralsee gab es im 6. Jahrhundert vor Christus einen Stamm unter der Königin Tamyris, die als Witwe Alleinherrscherin wurde. Diese Massageten waren ein Reitervolk ähnlich den Skythen und hatten wohl eine vergleichbare Sozialstruktur.
Wie Herodot berichtet, führte der Perserkönig Kyros II. um 530 v. Chr. einen Feldzug gegen die Massageten, in dem er selbst fiel.
Kämpfe gegen die, auf ihren Pferden schnell beweglichen, Steppenreiter waren für die Heere der Antike immer schwierig und endeten nicht selten in Niederlagen.
Westafrikas Kriegerinnen
Die furchterregendsten Kämpferinnen der Neuzeit waren afrikanische Kriegerinnen.
Das westafrikanische Königreich Dahomey (im heutigen Benin) erreichte um 1850 seine größte Ausdehnung, bis es 1892 von den Franzosen erobert und kolonisiert wurde.
Dahomey lag lange im Konkurrenz-Kampf mit dem benachbarten Oyo-Reich. Mit diesem kam es, neben den Rivalitäten im Sklavenraub und Sklavenhandel, auch immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Als das Oyo-Reich 1830 zusammenbrach, wurde Dahomey zur führenden Regionalmacht.
Aus Erfahrungen in diesen Kriegen entschloss man sich in Dahomey, ein stehendes Heer zu unterhalten, das etwa 12.000 Soldaten umfasste: Eine Männerarmee mit etwa 7.000 Mitgliedern und eine Amazonen-Armee von ca. 5.000 Kämpferinnen. Beide Truppenteile wurden getrennt geführt; die weiblichen Truppen (Agooji genannt) hatten auch weibliche Offiziere, die ihren männlichen Kollegen gleichgestellt waren. Die verschiedenen Regimenter der Amazonen hatten unterschiedliche Uniformen. Die Bewaffnung bestand aus Schwertern, Pfeil und Bogen, und später auch aus Feuerwaffen (Vorderladern). Die Kriegerinnen wurden hart trainier und mussten z.B. extreme Schmerzen ertragen. Die wohl im 17. Jahrhundert entstandene Frauenarmee war eine respektierte, bei den Feinden gefürchtete, Elite-Einheit, aus der sich auch die Leibgarde des Königs rekrutierte.
1863 wurde das Königreich Dahomey ein französisches Protektorat, bestand aber zunächst einigermaßen unbehelligt weiter.
Nachdem Dahomey auf der Berliner Konferenz von 1884/85 zum Interessensgebiet Frankreichs erklärt wurde, marschierten 1890 französische Truppen ein.
Es galt, den seit Jahrhunderten in Westafrika verbreiteten, inzwischen längst verbotenen Sklavenhandel und gewalttätige Übergriffe mit Sklavenjagden auf benachbarte Länder zu beenden.
In diesem Kolonialkrieg lernten die Franzosen auch die Amazonen-Armee kennen. Diese Kämpferinnen waren wegen ihrer außerordentlichen Tapferkeit und Grausamkeit gefürchtet. Zu ihren Ritualen gehörte, einem Gefangenen mit einem einzigen Hieb den Kopf abzuschlagen und den Kopf dann als Trophäe mitzunehmen.
Die meisten Gefangenen wurden als Sklaven verkauft.
In offenen Feldschlachten erlitten die französischen Truppen zwar herbe Verluste, doch ihre besseren Waffen (Repetiergewehre) mit höherer Feuergeschwindigkeit gaben den Ausschlag. Die Hauptstadt Abomey wurde 1892 erobert und von den Dahomeyern selbst niedergebrannt. Dann versuchten es die Agooji noch mit einem Guerillakrieg, den nur wenige der schwarzen Kriegerinnen überlebten.
Heute sind die einst gefürchteten schwarzen Amazonen nur noch eine mehr sagenhafte Erinnerung an eine große Zeit afrikanischer Königreiche, von denen angeblich auch etliche weitere Kriegerinnen eingesetzt haben.
Endnote:
[i] Kurgane sind Hügelgräber mit innenliegender Grabkammer für bedeutende Persönlichkeiten.