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Wissenschaft

Der Tod aus dem All

(Veröffentlicht in GralsWelt 9/1998)

Jüngste Forschungsergebnisse belegen eindeutig, dass es in der Erdgeschichte weitaus häufiger vernichtende Zusammenstöße mit Kometen oder Kleinplaneten gegeben hat, als bisher angenommen. Diese sogenannten „Impakte“ vernichteten als „Tod aus dem All“ immer wieder Leben auf der Erde. GralsWelt-Redakteur Siegfried HAGL beschreibt die Entwicklung der „Impakt-Forschung“ und gibt einen Ausblick auf Schutz-Möglichkeiten.

Die Erde unter Beschuss

Griechische Philosophen postulierten einst einen vollkommenen Himmel mit idealen Körpern, die einer ewigen göttlichen Ordnung folgend ihre Bahnen ziehen. Dieses Weltbild des Aristoteles war das ganze Mittelalter über gültig, und noch Renaissance-­Menschen hatten Schwierigkeiten, die Entdeckung der Sonnenflecken anzuerkennen, denn ein himmlischer Körper wie die Sonne hatte „fleckenlos rein“ zu sein.

 „Die großen Katastrophen waren immer eine Notwendigkeit der Entwicklung, doch nicht der Untergang so vieler Völker, der bisher stets damit verbun­den blieb.

Hätten die Menschen die Verbindung mit den wesen­haften Helfern und den lichten Höhen nicht leicht­sinnig frevelnd aufgegeben, so würden sie vor je­der Not stets rechtzeitig gewarnt und von den gefähr­deten Landstrichen fortgeführt worden sein, um der Vernichtung zu entgehen!“                      Abd‑ru‑shin (1875 ‑ 1941).

Als dann die „neue Astronomie“ von Kopernikus, Kepler, Gali­lei und Newton ein heliozentrisches Weltbild entwickelte, hielt man noch lange an der Unveränderlichkeit der Gestirne fest.

Selbst am Ende des 18. Jahrhunderts galten Berichte von Meteorstürzen als grobe Irrtümer, Schwindel oder Fälschung, und die hochgelehrte französische Akademie der Wissenschaften machte sich über einen Dorf‑Bürgermeister lustig, der über einen von ihm und vielen seiner Mitbürger beobachteten, mit Feuerzungen und Getöse verbundenen Absturz eines Boliden (einer Feuerkugel) berichtete.

Im 19. Jahrhundert begann man dann, die bis zur Erdoberfläche gelangten Meteore eifrig zu sammeln, als einzige Möglichkeit, außerterrestrisches Material zu erhalten und zu analysieren.

Die Vorstellung, dass auch größere Trümmer einschlagen und Verheerungen anrichten könnten, wurde verdrängt, und die nicht zu übersehenden Einschlagskrater auf dem Mond als vulkanischen Ursprungs interpretiert. So wurde für so gut wie unmöglich gehalten, dass ein Komet oder ein Kleinplanet (Planetoid, Asteroid) die Erde treffen und als „Impakt“ eine Katastrophe auslösen könne.

Erst als der Nobelpreisträger Luis Alvarez (1911 – 1988) zusam­men mit seinem Sohn Walter im Jahre 1980 das bis dahin uner­klärliche Sauriersterben vor 65 Millionen Jahren auf den Ein­schlag eines Himmelskörpers zurückführen konnte, begann eine ernsthafte Fachdiskussion über die Möglichkeit einer Kollision der Erde mit einem anderen Gestirn.

Dann wurde der riesige Einschlagskrater des „Saurier‑Impaktes“ im Golf von Mexiko entdeckt und weitere, bislang übersehene Krater folgten. In unserer Nähe liegt zum Beispiel das Nördlinger Ries, das erst lange nach dem 2. Weltkrieg als Impakt‑Folge erkannt wurde.

Ab 1973 begann der kürzlich einem Unfall zum Opfer ge­fallene Astronom Eugene Shoemaker mit der Erforschung von Planetoiden, deren Umlaufbahnen nahe an die der Erde heran­kommen, um mögliche Kollisionen vorauszuberechnen und Abwehr­maßnahmen einzuleiten. Shoemaker ist auch (zusammen mit seinem Kollegen Levy) die Entdeckung des Kometen S‑L 9 zu verdanken, der 1994 auf dem Jupiter aufschlug.

In ausführlicher, jedem verständlicher Weise haben dann Alexan­der und Edith Tollmann in ihrem Bestseller „Und die Sintflut gab es doch“ das Sintflut‑Geschehen als Crash der Erde mit einem Kometen geschildert und den Ablauf dieser globalen Katastrophe vor etwa 9.500 Jahren aufgezeigt, der weit über 90 % der damals lebenden Menschen zum Opfer gefallen sein dürften.

Folgt man diesem wichtigen Buch, so bewirkte der Sintflut-­Impakt ein Erdbeben unvorstellbaren Ausmaßes, begleitet von Vulkanausbrüchen. Ein Hitze‑Orkan, der mit einer Geschwin­digkeit von 1.000 km/h dahinraste, knickte Bäume und ließ Wälder in Flammen aufgehen. Gigantische Mengen von Stickoxiden gingen als Säure‑Regen nieder. Dann erst kam die Sintflut: Flutwellen prallten auf die Kontinente. In die Luft geschleu­derte Staubpartikel verdunkelten die Sonne; eine drastische Abkühlung mit – je nach geographischer Breite – monate- ­bis jahrelangen Wintern folgte.

Kein Wunder, dass diese Katastrophe bei den wenigen Überleben­den ein schweres Trauma hinterlassen hat, das bis heute nach­wirkt als Kometenangst, Furcht vor dem Weltenende, oder dem Bemühen, mit Hilfe von Astrologie, Astronomie oder Religion den nächsten „Weltuntergang“ vorherzusehen und sich physisch und psychisch darauf einzustellen.

Impakt Gefahr: Panikmache oder Warnung?

Inzwischen hat die Diskussion um die Wahrscheinlichkeit von Impakten eingesetzt, und das Thema wurde sogar von Hollywood entdeckt. Laufend finden sich auf allen Kontinenten neue Spuren von Einschlagskratern, und immer mehr Wissenschaftler akzeptieren die aus dem Kosmos drohende Gefahr, die viele Beobachtungen unterstreichen:

  • Den Meteorkrater bei Winslow (Arizona) – eine Touristen-­Attraktion – kennt jeder. Ein Himmelskörper schlug vor etwa 50.000 Jahren mit einer Geschwindigkeit von 20 km/s und einer Masse von einigen Millionen Tonnen ein. Träfe eine solches Geschoß eine Großstadt, würde diese zer­stört.
  • Der Tunguska‑Meteor, der 1908 in Sibirien niederging, wird auf etwa 60 m Durchmesser geschätzt. Er zerstörte ein Waldgebiet von mehr als 1.000 km2, nachdem er in der Luft explodiert war.
  • Am 8. Dezember 1992 raste der Planetoid Toutatis in etwa 9‑facher Mondentfernung mit 140.000 km/h (39 km/s) an der Erde vorbei. Sein Durchmesser wird mit 1,5 bis 3 km angegeben. Im Jahr 1999 kommt er der Erde wohl noch etwas näher. Bei einer Kollision wäre eine dem Sauriersterben ver­gleichbare Katastrophe zu befürchten.
  • Ein etwa 100 m großer Planetoid passierte am 18. Mai 1996 die Erde in nur 450.000 km Entfernung (etwas weiter als der Mond) – so nah wie kein anderes, jemals beobachtetes Objekt vergleichbaren Durchmessers.
  • Im Oktober 2028 könnte sich der Asteroid 1997 XF 11 der Erde bis auf 50.000 km nähern (ca. 1/7 der Mondentfernung oder 4 Erddurchmesser).
  • Im August des Jahres 2126 soll der Komet Swift‑Turtle extrem nahe an die Erde herankommen.

Um alle Zweifel über die Möglichkeit kosmischer Kollisionen auszuräumen, konnten Astronomen im Juli 1994 den Einschlag des Kometen Shoemaker‑Levy (S‑L 9) auf dem Jupiter beobachten.

Eine Auswertung der vorliegenden Daten ergibt im statistischen Durchschnitt alle 10.000 Jahre den Einschlag eines Körpers von 100 m Durchmesser und mehr auf unseren Globus.

Die Weltgeschichte – eine Kette von Katastrophen?

Wir müssen die Tatsache akzeptieren, dass es in der Vergangenheit immer wieder Impakte gegeben hat, die ganze Landstriche, Kon­tinente, oder im Extremfall fast die ganze Erde verwüsteten. Damit ergibt sich ein neues Bild der Entwicklungs‑ wie der Kulturgeschichte.

In der klassischen Betrachtungsweise war die Geschichte des Lebens eine fortlaufende Aufwärtsentwicklung, gesteuert von Darwins Mutationen und Selektionen. Drastische Einschnitte, katastropha­le Unterbrechungen, die Vernichtung eines großen Teiles der Tier‑ und Pflanzenwelt als Folge kosmischer Katastrophen war nicht eingeplant. Es wird nötig, Impakte in die Naturgeschichte einzubeziehen und von dem Bild der stetigen Aufwärtsentwicklung abzurücken.

Nicht anders in der Kulturgeschichte: Wenn die Statistik richtig liegt, dann hat die Menschheit seit der Altsteinzeit vor einer Million von Jahren vielleicht 100 Impakte unterschiedlichen Ausmaßes erleben und überleben müssen. Etliche davon mögen in unbewohnten Gebieten niedergegangen sein, andere wirkten sich nur regional aus. Doch einige Kollisionen haben mit großer Wahrscheinlichkeit sich entwickelnde Kulturen zurückge­worfen, vielleicht fast ganz zerstört, und Überlebende gezwun­gen, auf niedrigerem Niveau neu zu beginnen. So lassen sich rätselhafte Diskontinuitäten im Aufstieg unserer Zivilisation verstehen. Zum Beispiel, dass Pfeil und Bogen um 15.000 v. Chr. erfunden wurden, dann in Vergessenheit gerieten, um erst viele Jahrtausende später zum zweiten Mal erfunden zu werden.

Diese Impakt‑Erfahrungen sind in Sagen, Märchen, Riten, religiöse Lehren eingeflossen und in versteckten Winkeln unseres Unterbewusstseins sind bis heute ihre Spuren zu finden.

Was können wir tun?

Bis vor wenigen Jahrzehnten galten Impakte als unabwendbares Schicksal, verhängt vom gnadenlosen Zufall des Universums; oder sie wurden als Strafe Gottes für menschliches Fehlverhalten betrachtet. In beiden Fällen war die Erde, die Menschheit der Drohung aus dem Kosmos wehrlos ausgeliefert, ohne jede Chance auf Hilfe. Man konnte höchstens auf die Kraft des Gebetes hoffen…

In unseren Tagen besteht zum ersten Mal die Chance, der kos­mischen Bedrohung aktiv zu begegnen. Für eine anzustrebende „Impakt‑Prophylaxe“ wäre dann zweierlei nötig: Beobachtung und Verteidigung.

1. Beobachtung: Schützen kann man sich nur vor erkannten Gefahren, also steht an erster Stelle die „Feind‑Aufklärung“:

  • Gestirne, die der Erde bedrohlich nahe kommen können, müssen rechtzeitig entdeckt und ihre Bahnen exakt vor­ausberechnet werden. Bei Kleinplaneten oder Kometen mit kurzen Umlaufzeiten (weniger als 50 oder vielleicht 100 Jahre) scheint das möglich. Die Suche nach diesen gefährlichen Nachbarn hat begonnen, allerdings ist noch viel zu tun. Man schätzt, dass es etwa 2.000 „erdkreuzende“ Asteroiden mit einem Durchmesser von mehr als 1 km gibt, die bei einem Impakt zivilisationsgefährdende Global‑Katastrophen auslösen. Etwa 7 % davon sind entdeckt. Objekte mit einem Durchmesser von mehr als 100 m, die ganze Landstriche zerstören können, schätzt man auf 300.000. Und kleinere Brocken von 20 m Durchmesser und mehr – ausreichend zur Zerstörung einer Stadt – kann es bis zu 100 Millionen geben. Zum Glück gibt es Computer und automatisierte Messverfahren, sonst müsste man bei der Zahl der zu berücksichtigenden astronomischen Körper verzweifeln.
  • Schwieriger wird es bei Kometen, die entweder sehr lange Umlaufzeiten haben (mehr als 200 Jahre), oder vielleicht gar nicht zu unserem Sonnensystem gehören. Diese Kometen entdecken Astronomen oft erst Monate oder nur Wochen bevor sie der Erde nahe kommen, und die Zeit für denk­bare Maßnahmen zur Abwehr wird kurz.

2. Aktive Abwehr: Unsere Weltraum‑Technologie ist weit fortgeschritten, und wir leben in der ersten Zivilisation seit Bestehen der Menschheit, die sich eine reelle Chance ausrechnen kann, einen Himmels­körper, der die Erde treffen würde, abzulenken oder zu zerstören. Eine auf den ersten Blick utopische Zielsetzung, die aber nicht unerreichbar scheint. Kosten sollten in diesem Falle ausnahms­weise keine Rolle spielen, und selbst wenn jedes Land der Erde 10 %, 20 % oder mehr seines Rüstungsetats für die Abwendung der größten aller möglichen Gefahren abzweigen würde, könnte die Menschheit auf lange Sicht nur gewinnen. Mögen Kritiker über „arbeitslose kalte Krieger“ lästern, die nach neuen „Star‑War‑Spielen“ Ausschau halten, die Bedrohung aus dem All ist zu real, um sie leicht zu nehmen.

In Kreisen der NASA und anderen wissenschaftlichen Gremien werden heute schon die folgenden Verteidigungsmöglichkeiten untersucht:

  • Bei einem Klein‑Planetoiden mit weniger als 100 m Durch­messer, dessen Umlaufbahn bekannt ist, mag eine verhält­nismäßig geringe Explosion im Perihel (dem sonnennächsten Punkt) genügen, um seine Bahn so zu verändern, dass Gefah­ren für die Erde abgewendet sind. Konventioneller Sprengstoff, von einer Rakete an den ge­nau richtigen Punkt gebracht und exakt gezündet, könnte genügen. Ein utopisch klingender, aber nicht unmöglicher Plan.
  • Objekte mit 100 m Durchmesser und mehr verlangen atomare Sprengsätze. Nicht zu empfehlen ist, den Planetoiden oder Kometen nur in mehrere Stücke zu zerlegen, von denen jedes ausreicht, eine Großstadt zu zerstören. Man müsste schon eine Bahn­änderung erreichen. Eine in nächster Nähe des Zielobjektes gezündete Neutronenbombe könnte Material des Himmels­körpers zum Verdampfen bringen. Der Rückstoß der verdampfen­den Materie könnte ihn dann auf eine für die Erde harmlose Umlaufbahn drücken. Je größer der abzulenkende Körper und je mehr er sich der Erde bereits genähert hat, um so größer werden die notwendigen Sprengsätze, und im Extremfall scheinen Kern­waffen erforderlich, wie es sie noch nicht gibt.
  • Wem die Kernwaffen‑Option nicht behagt, der kann es auch mit einer anderen Idee aus dem Arsenal der Anti‑Raketen­waffen versuchen: Man packt Wolfram‑Kugeln in einen Raketenkopf und schleu­dert diese im Weltraum dem Kometen oder Planetoiden in den Weg. Wenn Kugeln und Zielobjekt mit kosmischer Geschwin­digkeit kollidieren, dringen die Kugeln tief ein, erzeu­gen im Inneren des astronomischen Körpers große Hitze, die sein Gestein verdampft und das Ziel in kleine Brocken zerlegt, die in der Erdatmosphäre verglühen.

Diese Abwehrwaffen müssten auf Erden oder in einer Umlaufbahn bereitstehen, damit sie rechtzeitig auf ihr Ziel gelenkt wer­den können. Bevor man sie losschickt, sollte man die Beschaf­fenheit des abzuwehrenden Objektes kennen. Bei einem Eisen­-Meteor würden die Wolfram‑Kugeln nicht viel bewirken, und einen aus losen Konglomeraten bestehenden Körper könnte man durch eine Sprengung in Trümmer zerlegen, die der Erde noch gefährlicher werden könnten als der Ausgangszustand. Es gilt also noch allerhand Wissen zu sammeln, bevor wir auf eine zuverlässige Impakt‑Prophylaxe hoffen dürfen! Auch die Bereit­stellung von Kernwaffen bisher ungekannter Sprengkraft ist keine erfreuliche Alternative, die noch einiger politischer Vorbereitungen bedarf, um einen denkbaren Missbrauch unmöglich zu machen.

Leider hat US-Präsident Clinton im Jahr 1997 ein NASA‑Projekt gestoppt, das im Jahr 1999 ein kleines Raumfahrzeug zum Asteroiden Tautatis senden wollte, um Details über diesen unangenehmen Nachbarn im All zu erfahren, als ersten Schritt auf dem Weg zur Impakt‑Vorsorge.

Doch die Suche nach Planetoiden und Kometen, die der Erde ge­fährlich werden könnten, ist im Gange; die Möglichkeiten einer Abwehr dieser Bedrohungen aus dem All werden diskutiert. Es bleibt zu hoffen, dass die Einsicht allenthalben in der Welt zunimmt, und vor dem nächsten drohenden Impakt genügend Zeit bleibt, um unsere Zivilisation gegen die größte aller denk­baren Bedrohungen im menschenmöglichen Maße zu schützen.

Lesen sie dazu auch „Gewalt vom Himmel“ unter „Wissenschaft“.

Literatur:

Tollmann, Alexander und Edith: „Das Weltenjahr geht zur Neige“, Böhlau‑Verlag, Wien, Köln, Weimar 1998.

Tollmann, Alexander und Edith: „Und die Sintflut gab es doch“, Droemer-Knaur, München 1993.

Jaroff, Leon: „Save the Earth!“, in TIME, Special Issue „The Age of Discovery“, Winter 1997/98.