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Religionsgeschichte

Gibt es Gott?

(Veröffentlicht in GralsWelt 40/2006)                                   

Wenn wir bei einem Spaziergang eine Uhr finden, werden wir kaum darüber nachgrübeln, auf welche Weise ein Wirbelsturm auf einem Schrottplatz gewütet haben mag, damit diese Uhr rein zufällig entstehen konnte. Denn für jeden ist klar, dass es ein Uhrmacher gewesen sein muss, der sie entwarf und baute.

Eine Uhr ist jedoch entschieden einfacher strukturiert als das primitivste Lebewesen, etwa ein Bakterium. Wie viel mehr bedurfte die Welt, mit ihrer Fülle von Leben, eines Konstrukteurs, also eines Erschaffers, der sie konzipierte und baute?

Mit diesem Gedanken folgen wir den Darlegungen des englischen Theologen William Paley (1744-1805), der solcherart die Notwendigkeit eines Schöpfers belegen wollte.
Und damit sind wir bei unserem Thema, den Gottesbeweisen.

„Diese bewunderungswürdige Einrichtung von Sonne, Planeten und Kometen hat nur aus dem Ratschluss und der Herrschaft eines alles entscheidenden und allmächtigen Wesens hervorgehen können.“
Isaak Newton (1643-1727)

Die Gottesbeweise des Mittelalters

 Die Ordnung und die Harmonie des Kosmos war bereits frühen griechischen Philosophen bewusst. So sprach Anaxagoras (ca. 500-428 v.Chr.) von der „Natur in ihrer Wohlgeordnetheit“. Auch der Gedanke, dass sich darin der Plan eines Baumeisters der Welt zeige, ist schon von Platon überliefert. Dieser vermutete allerdings zwei Götter: Einen unvollkommenen Demiurgen, den Schöpfer der irdischen Welt, und dem über der „sublunaren Welt“ im Reich der Ideen weilenden unveränderlichen Guten.

Die ersten Christen brauchten keine Gottesbeweise. Sie glaubten fest an die Erlösung der Gläubigen durch den Gottessohn Jesus, der ohne die Existenz seines himmlischen Vaters undenkbar ist. Erst als Theologen des Mittelalters über alle möglichen und unmöglichen Fragen nachgrübelten, empfanden sie es als wünschenswert, auch die Existenz Gottes zu beweisen, und sie konstruierten verschiedene Denkmodelle, von denen wir die wichtigsten kurz streifen:

Der erste Beweger
Griechische Philosophen und mittelalterliche Theologen waren der Ansicht, dass jemand die Planeten in Bewegung gesetzt habe; dazu bedurfte es eines „selbst unbewegten Bewegers“. Dieser Meinung schloss sich noch Isaak Newton an. Auch er glaubte, dass von Zeit zu Zeit Eingriffe von außen erforderlich seien, um die Planeten auf ihren Bahnen zu halten.

Auf der Basis heutiger Kosmologien ergeben sich die Planetenbewegungen auf natürliche Weise von selbst. Also ohne die Hand Gottes, die ihnen ihren Impuls mitgegeben und damit ihre Bahnen bestimmt hätte.

„Ein wenig Wissenschaft entfernt von Gott, viel jedoch führt uns zu ihm zurück.“         Louis Pasteur (1822-1895).

„Wir entdecken, dass das Weltall Spuren einer planenden oder kontrollierenden Macht zeigt, die etwas Gemeinsames mit unserem eigenen, individuellen Geist hat – nicht, soweit wir bis jetzt entdeckt haben, Gefühl, Moral oder ästhetisches Vermögen, sondern die Tendenz, auf eine Art zu denken, die wir in Ermangelung eines besseren Wortes mathematisch genannt haben.“    James Jeans (1877-1946).

„Das Universum ist ein gewaltiger Gedanke. In jedem Teilchen, jedem Atom, jedem Molekül, jeder Materiezelle lebt und wirkt, allen unbekannt, eine Allgegenwart.“                                 Jean Guitton (1901-1999).

„Der alte Bund ist zerbrochen; der Mensch weiß endlich, dass er in der teilnahmslosen Unermesslichkeit des Universums allein ist, aus der er zufällig hervortrat. Nicht nur sein Los, auch seine Pflicht stehen nirgendwo geschrieben.“                                   Jacques Monod (1910-1976).

„Je begreiflicher uns das Universum wird, um so sinnloser erscheint es uns auch“         Steven Weinberg (geb. 1933).

„Die moderne Wissenschaft tötet Gott und nimmt seinen Platz ein auf dem leeren Thron.“                                                 Vaclav Havel (geb. 1936).

Der ontologische Gottesbeweis
Anselm von Canterbury (1033-1109) definierte Gott als „das, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann“, und vertrat die Ansicht, dass ein Wesen, welches alle nur wünschenswerten Eigenschaften wie Allmacht, Allgegenwart usw. besitzt, dem jedoch die Eigenschaft der Existenz fehlt, nicht von größtmöglicher Vollkommenheit sein könne.

Man kann diesen Gedanken weiter ausdiskutieren (vgl. z. B. 5, S. 30 f.).
Heutzutage überzeugt dieser Beweis nicht mehr, weil er etwas voraussetzt, das erst noch zu beweisen ist.

Der kosmologische Gottesbeweis
Alles bestehende muss eine Ursache haben; im Falle des Universums ist diese Ursache Gott. Auf die Frage: „Auf welche Ursache geht Gott zurück?“ bleibt dann nur eine Antwort: „Gott braucht keine Ursache! Er ist ein notwendiges Wesen, dessen Ursache in ihm selbst zu suchen ist.“
Damit entfernt man sich vom Mechanismus dieser Logik. Man beginnt mit der Forderung, dass alles eine Ursache haben müsse und endet mit der Feststellung, dass zumindest eine Sache – nämlich Gott – keiner Ursache bedarf.

Der teleologische Gottesbeweis
Hier geht man ebenfalls von einer Voraussetzung aus, und folgert dann – zum Beispiel aus der Evolution – : Dass die Welt einen Sinn hat und sich zielstrebig entwickelt. Sinnhaftigkeit und Zielstrebigkeit scheinen aber undenkbar ohne einen entwerfenden, denkenden Geist.
Heutige Naturwissenschaftler glauben, dass viele Zufälligkeiten die Entwicklungen bestimmten und lehnen die Annahme von teleologischen (zielgerichteten) Prozessen, gleich welcher Art, ab.

Der moralische Gottesbeweis
Hier dient das Gewissen des Menschen, sein offensichtlich vorhandenes sittliches Bewusstsein als Beleg, dass eine höhere Instanz ihm sein moralisches Bewusstsein in die Wiege gelegt haben müsse.

Das Scheitern der Metaphysik
Einst war die Metaphysik, die sich um Gottesbeweise bemühte, ein wichtiger Teil der Philosophie. Theologen und Philosophen haben voluminöse Abhandlungen verfasst über die oben genannten und viele weitere Beweise für die Existenz eines Schöpfers. In der katholischen Lehre gehören Gottesbeweise bis heute zu der natürlichen oder der Vernunfterkenntnis Gottes, die außer seinem Dasein auch seine Personalität und andere Eigenschaften erfasst. Auf solchen Wegen will man zu ihm als Schöpfer der Welt und Begründer des natürlichen Sittengesetzes vordringen und dadurch den übernatürlichen oder Offenbarungsglauben an Gott vorbereiten.
In der protestantischen Theologie spielen die Gottesbeweise heute kaum noch eine Rolle.

Das Theodizee-Problem
In diesem Zusammenhang ist noch die Theodizee zu erwähnen. Diese „Rechtfertigung Gottes“ will erklären, wieso vieles Unverständliche auf unserer Welt geschehen kann, ohne dass der Allmächtige eingreift. Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) hat dieser Frage eine Schrift gewidmet, in der er zu der Überzeugung kommt, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben. Allzuviel Zustimmung fand er nicht, und Voltaire verspottete Leibniz‘ These von der „besten aller Welten“. (Vgl, „Weshalb lässt Gott das alles zu?“)

Die Unmöglichkeit philosophischer Gottesbeweise
Im Jahr 1781 veröffentlichte Immanuel Kant (1724-1804) seine Kritik der Reinen Vernunft, in der er zeigte, dass alle Gottesbeweise nur Gedankengebäude sind ohne reale Basis. Seither gelten philosophische Gottesbeweise als ein Ding der Unmöglichkeit, und die wenigsten Philosophen beschäftigen sich noch mit der Metaphysik. Naturwissenschaftler und Mathematiker denken seit Ende des 18. Jahrhunderts ohnehin mehr oder weniger atheistisch.
Allerdings werden Namen von modernen Wissenschaftlern genannt, die gottgläubig sind, bzw. waren: Max Planck, Albert Einstein, John C. Eccles, Jean Guitton, Hoimar v. Ditfurth, Paul Davies….
Weisen neueste naturwissenschaftlichen Forschungen vielleicht doch auf Gott hin?

Welchen Gott wollen wir beweisen ? 

Wenn sich Naturwissenschaftler – sofern sie nicht Atheisten oder vielleicht Agnostiker sind – ausnahmsweise auf die Frage nach Gott einlassen, dann neigen sie in der Regel zu einer pantheistischen oder deistischen Gottesidee.

Pantheisten vermuten Gott in allem, sehen keinen Unterschied zwischen Gott und der Welt, Gott und dem Universum. Die pantheistische Gottheit ist nicht notwendig übernatürlich, jenseitig, sondern ein alle Natur, das ganze Universum umfassendes, treibendes und tragendes geistiges Prinzip, die Gesamtheit der Naturgesetze. Diese Gesetze sind möglicherweise zugleich mit dem Universum entstanden und werden voraussichtlich dereinst zusammen mit ihm wieder verschwinden; eine Vorstellung, die sich gut mit dem kosmologischen Weltbild unserer Zeit verträgt.
Mit Blick auf die Gralsbotschaft „Im Lichte der Wahrheit“ von Abd-ru-shin wird man darauf hinweisen, dass wir lediglich „Geschöpfe“ sind, die in der Schöpfung das Wirken Gottes, seinen Willen, seine universellen Gesetze finden, keinesfalls ihm persönlich begegnen können.

Der Deismus ist seit der Aufklärung verbreitet. Er geht davon aus, dass Gott nach der Erschaffung der Welt keinen Einfluss mehr auf sein Werk ausübt, weder durch Wunder noch durch Offenbarungen. Dementsprechend wäre es aussichtslos, nach Übergängen zu suchen, an denen Weltliches dem Göttlichen begegnet, um in einer – gleich wie gearteten – Verbindung mit Gott den Beweis seiner Existenz zu erfahren. Göttliches Wirken beim Entstehen der Schöpfung lässt sich aus dieser Sicht nur aus der Vollkommenheit der Naturgesetze rückschließen. Diese Natur- oder Gottgesetze waren dann wohl schon vor dem Schöpfungsakt gegeben und sind nicht erst im „Urknall“ entstanden.

Beide Gottesbilder unterscheiden sich von dem transzendenten, aber personifizierten Gott der abrahamitischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam), der fortlaufend die Entwicklungen auf Erden verfolgt und erforderlichenfalls direkt oder indirekt eingreift; z. B. durch übernatürliche Geschehnisse, also Wunder. Naturwissenschaftlern fällt es schwer, an göttliche Willkür, an Eingriffe Gottes jenseits von Naturgesetzen zu glauben; denn die Grundlage aller Naturwissenschaften ist die in Zeit und Raum unbegrenzte und uneingeschränkte Gültigkeit der Naturgesetze, über die auch ein Gott sich nicht hinwegsetzen kann.

Wir müssen also entscheiden, wie wir das Wirken Gottes folgern oder gar beweisen wollen: In der Harmonie der Natur, in dem komplexen Wechselspiel der Naturkräfte, die feinstens auf einander abgestimmt erscheinen, damit Wesen entstehen konnten, die über Ursprung, Sinn und Ziel des Universums nachdenken. Auf dieser Bahn bewegen sich die meisten Gottesbeweise.

Oder wir suchen Übergänge vom Transzendenten zum Irdischen, und hoffen an solchen Schnittstellen, wo das unendlich Große dem unendlich Kleinen begegnet, auf das Göttliche zu treffen. Das ist beispielsweise der innere Weg der Mystiker in vielen Religionen. Vereinzelt sind auch heutige Gottsucher bemüht, auf diesem Weg eine zeitgemäße Verbindung von Physik und Metaphysik zu finden, wie das z. B. Helmut Hansen (5) in seinem Buch „Von der Entdeckung Gottes am Rande des Universums” versucht.

Schließlich können wir auch – wie die Menschen des Altertums und des Mittelalters – an Eingriffe höherer Mächte glauben, an die Hand Gottes die alles zum Besten führt. Damit begeben wir uns auf das Gebiet des Glaubens, das außerhalb der Naturwissenschaften, jenseits der Beweisbarkeit mit irdischen Mitteln liegt. Glauben braucht keinen Beweis und ist nicht gleichzusetzen mit an etwas glauben, oder einen Glauben haben.

Moderne Hinweise auf dem Schöpfer

Für einen Gottsucher sollte sich das Wirken des Schöpfers in seinem Schöpfungswerk – unserer Welt – offenbaren oder zumindest erahnen lassen. Zwar wird es kaum logisch unanfechtbare Gottesbeweise geben, aber vielleicht deutliche Hinweise auf den „großen Baumeister der Welt“. Es sei darauf hingewiesen, dass alle Logiken selbst von etwas Postuliertem ausgehen (unbeweisbare Axiome) und darauf logisch folgern. Den Anspruch auf „Wahrheit“ sollten weder Mathematik noch Naturwissenschaften erheben.

Die Feinabstimmung der Naturkonstanten
Damit ein (oder das) Universum entstehen konnte, in dem wir leben, waren unzählige Entwicklungsschritte nötig, die genauestens abgestimmt sein mussten. Unter der Überschrift „Der Urknall als Gottesbeweis“ (unter „Wissenschaft“) wurde vom anthropischen Prinzip berichtet. Unzählige Ereignisse mussten mit größter Genauigkeit genau so ablaufen, wie sie abgelaufen sind, damit ein Universum entstehen konnte, in dem Menschen über ihre Welt, über Sinn, Zweck und Ziel ihres persönlichen Seins nachdenken. Schwer vorstellbar, dass die unglaublich feine Abstimmung der Naturgesetze, alle die unzähligen notwendigen Entwicklungsschritte, rein zufällig zustande kamen.
Ein Gottesbeweis ist das anthropische Prinzip nicht; noch nicht einmal eine wissenschaftliche Hypothese, denn es ist weder widerlegbar noch beweisbar.

Durchdachte Konstruktionen
Unter der Überschrift „Ein konstruiertes Universum“ (hier unter „Wissenschaft“) wurde vom ID (intelligent design) Prinzip gesprochen. Dieser, auch von einigen Wissenschaftlern vertretene Gedanke sagt,
„…dass verschiedene Eigenschaften von Lebewesen am besten durch eine intelligente Ursache zu erklären sind, nicht durch indirekte Prozesse wie die natürliche Selektion“.

Das ID-Prinzip akzeptiert also nicht die verbreitete neo-darwinistische Lehre, dass alles „rein zufällig“ entstanden sei.
In Pennsylvania (USA) hat im Jahre 2005 die Forderung von Kreationisten, das ID-Prinzip auf Schulen zu lehren, sogar zu einer gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt, in der die Anhänger Darwins zunächst gewannen. Ein Richter soll das ID-Prinzip „Kreationismus in Verkleidung“ genannt haben.
Es handelt sich auch beim ID-Prinzip um keine wissenschaftliche Hypothese oder Theorie, da es weder zu widerlegen ist, noch bewiesen werden kann. So bewegen wir uns mit dem ID-Prinzip auf der gleichen Ebene wie der eingangs beschriebene Uhrmacher-Beweis, wenn auch auf der Grundlage neuerer Erfahrungen.

„Hat doch die Forschung längst den christlichen Rahmen gesprengt. Seit sie die Tiefen des Mikro- und Makrokosmos erschlossen und unser Seinsverständnis unermesslich erweitert hat, seit man die Bausteine der Schöpfung und die ungeheure Gewalt, die sie bindet, kennt, seit uns Kernphysik, Biologie und Chemie, als Schrittmacher einer neuen Religion, den Kosmos und die ihn durchwaltende Ordnung fortschreitend enthüllt und entschlüsselt haben, reicht der einer Kindheitsstufe der Menschheit entsprechende Gottglaube nicht mehr aus. Es geht auch nicht mehr um Glauben, sondern Gewissheit. Denn wer nicht den Zufall oder Naturgesetze, die doch ohne Gesetzgeber nicht zu denken sind, auf den Thron hebt, steht unausweichlich der höchsten Macht, die wir Gott nennen, gegenüber. Nur Narren oder Unwissende können ihn angesichts der Erkenntnisse, die der heutige Mensch hat, leugnen. Wir sehen eine Gottoffenbarung, die jeden Begriff übersteigt, unsre Wertsetzungen erschüttert und für den zum Stäubchen schrumpfenden Menschen niederschmetternd und zugleich hoch erhebend ist. Niederschmetternd, weil die erst jetzt zu erahnende Großheit der Schöpfung und damit des Schöpfers jeden menschlichen Größenwahn lähmt, erhebend, weil Gott, der sich in der Schöpfung darstellt, dem Menschen trotz seiner Kleinheit die Freiheit der Mitwirkung zu Zerstörung oder Aufbau gewährt hat. Eine Freiheit, die in der Anwendung der Atomkraft zu Austilgung oder Weiterentwicklung des Lebens den sichtbarsten Ausdruck findet; die aus der Enge des Christentums in die Verantwortung nicht nur vor, sondern für Gott leitet. Ihr nicht zu genügen, nicht genügen zu können, weil sich zwischen Mensch und Gott ein totalitärer Staat, eine totalitäre Regierung, eine totalitäre Ideologie schiebt, ist die Unfreiheit, die erschreckender ist als der Tod.“ (9, S. 57 f.).

Was wissen wir wirklich?
Legen wir die naturwissenschaftliche Messlatte an und bleiben wir im Rahmen der philosophischen Logik, dann können wir vom Außerphysikalischen nichts wissen; von dem das seit Aristoteles Metaphysik genannt wird, und das moderne Menschen vielleicht zur Esoterik oder zur Religion rechnen würden.
Mit Sicherheit wissen wir, da wir es sehen, dass es unser Universum gibt, und auch dass diese unsere Welt genau die Bedingungen bietet, die Voraussetzung für unsere Existenz sind:
Die Bedingungen in unserem Weltall scheinen wirklich in einzigartiger Weise für Lebensformen wie uns Menschen gemacht.“ (3, S. 238).

Die von Leibniz (s.o.) postulierte „beste aller Welten“ kam dieser Feststellung eines Wissenschaftlers unserer Zeit schon nahe.
Als Mensch mag man nicht so recht „glauben“, dass diese Bedingungen rein zufällig zustande kamen. Also gibt es doch einen Schöpfungsplan, nach dem alles entstand, und: Einen Planer? Beweisen lässt sich weder dieser Schöpfer selbst noch die Prä-Existenz eines Planes.

Auch die von dem Physiker Hugh Everett aufgebrachte Hypothese von Multiversen erklärt nichts: Auf der Suche nach einer originellen Lösung für ein quantenphysikalische Problem (Schrödingers Katze) spekulierte Everett, dass unzählige Universen entstanden sein könnten oder noch fortlaufend entstehen, was neueste physikalische Theorien zulassen. Eines von (beliebig) vielen Universen hat dann (zufällig) die Bedingungen erhalten, die erforderlich sind, damit sich Leben und zuletzt wir Menschen entwickeln konnten. Solche Spekulationen sind kaum realer als theologische Gottesbeweise.

Schließlich gibt es seit William von Ockham (1285 – ca. 1350) den als „Ockhams Rasiermesser“ bezeichneten Grundsatz, aus mehreren möglichen Erklärungen die einfachste zu wählen. Die Vorstellung, dass beliebig viele Universen – von denen Physiker wohl nie etwas erfahren können – nötig waren, damit wir in einem davon entstehen durften, gehört m. E. zum Aberwitzigsten, das sich Wissenschaftler ausdenken können. Diese Idee dient wohl vor allem einem Zweck: Der Gedanke, dass es Gott geben könnte, lässt sich umgehen!

Es wird also auch weiterhin jedem Einzelnen überlassen bleiben, an Gott zu glauben oder an atheistische wissenschaftliche Modelle, welche die jeweils aktuelle Beschreibung der Welt bieten wollen. Bislang bewegen sich alle wissenschaftlichen Weltanschauungen im Raum des physikalisch Nachweisbaren, in dem sich Gott kaum beweisen, aber ebenso wenig widerlegen lassen wird.

Literatur:
(1) Davies Paul, Gott und die moderne Physik, Goldmann, München, 1989.
(2) Davies, Paul, Der Plan Gottes, Insel, Frankfurt, 1995.
(3) Gribbin John/Rees Martin, Ein Universum nach Maß, Birkhäuser, Basel, 1991.
(4) Guitton Jean/Bogdanov Grichta/Bogdanov Igor, Gott und die Wissenschaft, DTV, München, 1996.
(5) Hansen, Helmut, Von der Entdeckung Gottes am Rande des Universums, Via Nova, 36100 Petersberg, 2005.
(6) Jeans James, Der Weltenraum und seine Rätsel, DVA, Stuttgart, 1931.
(7) Löw Reinhard, Die neuen Gottesbeweise, Pattloch, Augsburg, 1994.
(8) Monod Jacques, Zufall und Notwendigkeit, Piper, München, 1971.
(9) Unruh, Friedrich Franz von, Klage um Deutschland, Hohenstaufen, Bodensee 1973.
(10) Weinberg Steven, Die ersten drei Minuten, Piper, München, 1977. 

Nachtrag 2020
Von dem Mathematiker und Philosophen Friedrich Gödel (1906-1978) gibt es einen komplizierten, mathematischen Formalismus, der als „Gottesbeweis“ dienen soll. (https://github.-com/FormalTheology/GoedelGod).
Die Freie Universität Berlin und die TU Wien haben diesen Formalismus geprüft und in einer Pressemitteilung vom 17. 10. 2013 mitgeteilt, dass mit Hilfe von Computerprogrammen die logische Korrektheit dieses Systembeweises bestätigt wurde. (Wikipedia).