Demokratie recht nicht aus – wir brauchen eine spirituell begründete Weltordnung
Wenn eine menschliche Gruppe oder Gesellschaft – klein oder groß – dauerhaft zusammenbleiben soll, bedarf sie gemeinsamer, von allen Mitgliedern anerkannter Wertvorstellungen, Regeln und Ziele.
Die ersten Ordnungen dieser Art waren sehr wahrscheinlich religiöse Gebote.
Nach der Überzeugung der Gläubigen gehen religiöse Lehren von einer höheren Instanz aus; also z. B. von hohen Naturwesen, den sog. „Gottheiten“, oder gar von dem alleinigen Gott selbst. Daher sind diese Gebote nicht hinterfragbar, und die meisten Gläubigen verlassen sich auf die Weisheit ihrer Priester und die Zuverlässigkeit der religiösen Überlieferungen; oft in blindem Glauben, der von Priestern regelmäßig für deren Eigennutz missbraucht wird.
Die Mehrzahl der Gläubigen geht den von Priestern gewiesenen, bequemen Weg und nimmt es widerspruchslos hin, dass von den meisten Priestern ein selbständiges Denken und Empfinden der Gläubigen sehr ungern gesehen wird. So fehlt das lebendige Mitschwingen der Gemeinde, die Religion verflacht und wird zur rein äußerlichen, diesseitsbezogenen Konfession, zur Folklore.
Ein solcher Irrweg behindert jeden echten, spirituellen Fortschritt, bringt Stillstand und Rückschritt; denn eine geistige Entwicklung muss stets bei den Einzelmenschen, in Form selbständiger Entschlüsse beginnen.
Jeder Gläubige ist aufgerufen, die Plausibilität der jeweiligen Lehre nachzuempfinden, bevor er diese übernimmt. Und jede Generation ist verpflichtet, von neuem die Überzeugungskraft und den Wahrheitsgehalt einer jeden Lehre zu prüfen. Ausschlaggebend sollten bei einer solchen Kontrolle die innerste Empfindung jedes Einzelnen sein, und die in der praktischen Anwendung der religiösen Regeln erreichten Ergebnisse dürfen nicht übersehen werden: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Matth. 7,16).
Schamanismus – die erste Religion?
Aus der Beobachtung von Naturvölkern kann man schließen, dass die Religionen mit dem Schamanismus begannen, den es in vielen Spielarten von Ostasien über Europa und Afrika bis Amerika gegeben hat, bzw. heute noch gibt.
Die ersten, altsteinzeitlichen Schamaninnen oder Schamanen waren vermutlich hellsehend und hatten wohl Jenseitskontakte, z. B. zu Naturwesen. Dadurch konnten sie empfinden, wo Früchte, Wild und Wurzeln zu finden waren, wo es Lagerplätze und Wasserstellen gab, ob Gefahren lauerten und wann es Zeit war, Schutz zu suchen vor Unwettern oder Naturkatastrophen. Schamanen waren wohl auch die ersten Ärzte.
So leisteten die frühzeitlichen Schamanen einen wichtigen Beitrag für das Überleben ihrer Gruppe und übernahmen eine führende Rolle.
Die ersten Priester waren demnach Schaman(inn)en, denen durch hellseherische Begabung und irdisches Können eine herausgehobene Stellung in ihrer Gemeinschaft zufiel.
Später kamen Nachfolger, deren spirituelle Qualitäten mangelhaft waren, die aber trotzdem das Ansehen zu erlangen suchten, das ihren fähigeren Vorgängern zugefallen war.
In solchenFällen ist der Weg zum Betrug nicht weit, zum „frommem Betrug“, wie er schon Priestern der Antike nachgewiesen und später zum Ursprung mancher „frommen“ Legende wurde.
Von heutigen Schamanen und Zauberern darf man meiner Meinung nach keine lichten Jenseitskontakte erwarten. Deren Einfluss beruht oft nur auf dem überlieferten Aberglauben und der Furcht ihrer Stammesgenossen vor schwarzmagischem Fluch und finsterer Verwünschung [[i]].
Hochreligionen
Aus Naturreligionen wurden Hochreligionen.
Diese knüpften Kontakte zu den höheren Wesenhaften, den „Führern der Elemente“, den „Göttern“ der Antike. (Vgl. „Götter und Orakel – ein alter Hut?“).
So galten z. B. die Götter des Alten Ägyptens als Herrscher der Schöpfung und Hüter der Ordnung, aber auch als vertraute Freunde, die daran interessiert waren, den Menschen des Landes zu helfen und sie zu führen. Allerdings hatten die Menschen ihren freien Willen und konnten die Ratschläge der Götter missachten. (Wikipedia).
Dann wurde die – schon länger bekannte – Lehre von dem einzigen Gott zur grundlegenden Überzeugung der abrahamitischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) und damit zu einem weltweit verbreiteten Wissen, das zu den wichtigsten Erkenntnissen der Menschheit gezählt, aber heute oft nicht mehr ernst genommen wird.
Religion als Grundlage der Gesellschaft
Aus nur mündlich überliefertem religiösen Brauchtum wurden schriftlich formulierte Regeln und Vorschriften für das Zusammenleben menschlicher Gemeinschaften. Festgeschriebene Gesetze verlieren oft an Lebendigkeit und neigen zur Erstarrung. Daher war es bei manchen Gemeinschaften, z. B. den Druiden, verboten, die religiösen Lehren aufzuschreiben.
Auch das frühe Staatsrecht hatte noch lange religiöse Lehren als Grundlage; meist in Gemeinschaften mit einer einheitlichen, von allen Bürgern praktizierten Religion.
Auf solcher Basis beruhten die meisten Staaten bis ins Mittelalter und darüber hinaus.
Dann kamen in der Neuzeit religiöse Spaltungen, und damit die – oft verneinte – Frage, ob Gläubige verschiedener Religionen dauerhaft friedlich zusammenleben können. Allzu oft machte religiöse Unduldsamkeit ein friedliches Zusammenleben multireligiöser Gesellschaften schwierig bis unmöglich.
Gerade die abrahamitischen Religionen tun sich schwer mit der religiösen Toleranz. Sie verehren zwar alle den selben Gott, doch die Lehren sind so verschieden, dass sie entweder nicht von dem selben, dem einen Gott ausgegangen sein können, oder im Laufe der Zeit sehr verbogen wurden. Da liegt dann der Schluss nahe, dass auch die heiligen Bücher zum großen Teil lediglich Ideen von Menschen mit beschränkter Einsicht enthalten und keineswegs nur Ewigkeitswerte vermitteln.
Für überzeugte Anhänger ihrer Religion ist jeder Zweifel an ihren Glaubensgrundlagen ein Sakrileg. Andererseits ist man nur zu gerne bereit, die Überlieferungen anderer Religionen (die die wenigsten Gläubigen kennen) abzuwerten, wenn nur die eigenen Bücher unangetastet bleiben. Keine gute Basis für ein harmonisches Zusammenleben in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft, die nur durch materielle Interessen zusammengehalten wird.
Meist ist uns zu wenig bewusst, dass wir Menschen sehr dazu neigen, jede religiöse Lehre so auszulegen, dass diese bequem und anstrengungslos befolgbar wird und keine innere Umstellung unserer eigenen Persönlichkeit verlangt. Doch der innere Wandel ist die grundlegende Voraussetzung für jede geistige Entwicklung, für jeden spirituellen Fortschritt.
Alles gerät ins Wanken
Im Zuge der Philosophie der Aufklärung kam dann, vom 17. Jahrhundert an, im Abendland die „Diktatur der Vernunft“, die alles in Frage stellte: Die Existenz Gottes und seiner ewigen Gesetze, den Wert der alten Überlieferungen, ein dem Menschen naturgegebenes ethisches Empfinden (manchmal als „Naturecht“ bezeichnet), alle Religionen als solche…
Religionen mit ihren verzerrten Lehren, selbstgerechte Priester und „Fürsten von Gottes Gnaden“ hatten allzu oft versagt und alles Vertrauen verspielt.
Von nun an sollte die menschliche Vernunft regieren, die für Jedermann nachvollziehbare intellektuelle Einsicht; also der Menschenwille, nicht mehr der (nun den Meisten fremde) Gotteswille.
Nach christlichem Glauben folgt man damit dem Vorbild Luzifers, der den Eigenwillen in die Welt gebracht, damit den Gotteswillen auf der Erde weitgehend verdrängt und uns Menschen irregeleitet hat.
Die moderne, pluralistische Gesellschaft sieht diese Entwicklung als folgerichtig und sogar als Fortschritt. Sie begrüßt den selbständigen, unabhängigen Menschen und ahnt nicht, dass damit ein schlimmer Irrweg beschritten wurde, auf dem eine gemeinsame, überweltliche Grundlage verloren ging. Kaum jemand glaubt ja noch an eine im Transzendenten verankerte Ethik, die von allen gelebt werden muss, und schon gar nicht an unveränderliche göttliche Gesetze, deren Auswirkungen niemand, mit keinem Mittel der Welt, im Diesseits oder im Jenseits entkommen kann.
Ohne Verantwortung gegenüber einer höheren Instanz?
Modernen Verfassungen fehlt oft ein religiöser Bezug. Diese können sich nicht auf höhere, von Gott ausgehende, unantastbare Schöpfungsgesetze berufen und müssen sich – als mit Irrtum behaftete menschliche (Fehl-) Leistungen – auch entsprechend in Frage stellen und trickreich missachten lassen – ohne Furcht vor Wechselwirkungen in einem Jenseits, an das zu glauben heute überholt scheint.
Die moderne, westliche Gesellschaff ist geistig orientierungslos. Sie ist zersplittert in viele, z. T. sogar kriminelle Gruppen, ökonomische und politische Ideologien, Konfessionen, Religionen und Sekten, die sich zum Teil in dogmatischem Eifer erbittert bekämpfen. Von allen anerkannte Wertvorstellungen fehlen, und damit die unentbehrliche gemeinsame Basis für ein sicheres, friedliches Zusammenleben in Staaten und Weltordnungen. So wird es fast unmöglich, bei kritischen Fragen, oder in Grenzfällen, einen von allen mitgetragenen Konsensen zu finden.
„Die Menschen haben Gott vergessen, daher kommt dies alles.“…
„Wir sind Zeugen einer erzwungenen Zerstörung, sei es einer freiwilligen Selbstzerstörung der Welt. Das ganze 20. Jahrhundert wird in den Mahlstrom des Atheismus und der Selbstvernichtung hineingerissen“.
Alexander Solschenizyn [[ii]]
Die als Ersatz angebotene freiheitliche, demokratische Grundordnung ist zu abstrakt, um Zusammengehörigkeitsgefühle zu erzeugen, oder um Begeisterung in Form eines „Verfassungspatriotismus“ zu erwecken.
Nicht überraschend, dass auch die weitgehend machtlose UNO mit ihren humanistischen Ansätzen scheitert.
Auch gemeinsame ökonomische Interessen – wie in der EU – sind in Krisenzeiten keine Garantie für den Fortbestand eines Staates oder einer (Staaten-) Gemeinschaft.
Weltweit wächst die Anzahl der „failed states“ , also von Staaten, die ihre grundlegenden Aufgaben nicht erfüllen können.
Damit nimmt auch die Neigung zu diktatorischen Herrschaftsformen zu, die – aus fundamentalistisch-religiosen, ökonomischen oder politischen Überzeugen – den unentbehrlichen Zusammenhalt gewaltsam erzwingen wollen [[iii]].
Die im islamischen Orient aus Ausdruck einer von Gott gegebenen Weltordnung angebotene Scharia wird in der praktischen Durchsetzung regelmäßig zu einem unterdrückerischen System der religiösen, spirituellen und materiellen Unfreiheit.
Damit geht der dortige Islam den gleichen unterdrückerischen Weg wie einst die mittelalterlichen und früh-neuzeitlichen Kirchen in Europa.
Solche, gewaltsamen Unterdrückungen der geistigen Entscheidungsfreiheit des Menschen können nicht im Einklang mit dem Schöpferwillen sein.
Wohin geht die Reise?
Der „moderne“ Mensch denkt vor allem an sich und sein persönliches Wohlergehen; vielleicht noch an seine Kinder und Enkel. Schon für das Geschick des Erdballs glaubt er sich nicht kaum mitverantwortlich, und alles „nicht wissenschaftlich Beweisbare“ gilt als irrelevant. Freiheit wird mit Zügellosigkeit verwechselt und religiöses Empfinden gilt als antiquiert.
Leider gibt es auch ideologisch, politisch oder religiös festgefahrene Fanatiker, die jeden Zusammenhalt zwischen unterschiedlichen Gruppen fraglich machen.
Eine Gesellschaft ohne spirituell oder religiös begründete Ethik; eine Gemeinschaft, die sich nicht einer höheren Instanz gegenüber verantwortlich fühlt, hat keine gemeinsame Grundlage. Sie kann nur bedingt zielgerichtet zusammenarbeiten und wird in schwierigen Zeiten ins Wanken kommen. Manchmal kann sie dann mit diktatorischer Gewalt noch zusammengehalten werden, bis sie letztendlich doch scheitert.
Müssen wir dieses Scheitern der heute propagierten, globalisierten „Regenbogen-Gesellschaften“ mit schwachen Demokratien und wackligen Diktaturen abwarten, um dann, geläutert in verlustreichen Katastrophen, „auf Anfang zurück“ zu gehen?
Zurück zu einer gemeinsamen Basis, die wir noch finden müssen, und die in den heutigen, zerrissenen Gesellschaften nur schwer vermittelbar wäre. ES müsste eine spirituelle Grundlagesein, nachdem sich alle materialistischen Ansätze als unzureichend oder gar als zerstörerisch erwiesen haben.
Lesen Sie dazu auch;
„Der gewalttätige Mensch – ‚Opfer‘ seiner Entwicklung?“
„Der moderne Atheismus“.
„Religionen besser abschaffen?“
„Wie und warum entstanden religiöse Kulte und Rituale?“
„Wozu noch Religionen?“
[] Vgl „Religion und Macht“ und in „Welche Apokalypse kommt“ die Endnote [v] „Schwarze Magie“.
[[ii]] Die Welt, Nr. 128, Samstag, 4. Juli 1983.
[[iii]] Nach Wikipedia gelten derzeit 59 Länder als diktatorische Systeme. Nicht selten unter dem Unterdrückerischen Regiment einer korrupten Clique.
Anhang:
Max Planck (1858 – 1947) schrieb In seinem Buch „Physik und Traumzeit – Erstaunliche Gemeinsamkeiten von moderner Physik und Naturheilverfahren“:
»Alle Materie entsteht und besteht nur durch eine Kraft, welche die Atomteilchen in Schwingung bringt und sie zum winzigsten Sonnensystem des Atoms zusammenhält. Da es aber im ganzen Weltall weder eine intelligente noch eine ewige Kraft gibt, so müssen wir hinter dieser Kraft einen bewussten intelligenten Geist annehmen. Dieser Geist ist der Urgrund aller Materie! Nicht die sichtbare, aber vergängliche Materie ist das Reale, Wahre, Wirkliche, sondern der unsichtbare, unsterbliche Geist ist das Wahre!
Da es aber Geist an sich allein ebenfalls nicht geben kann, sondern jeder Geist einem Wesen gehört, müssen wir zwingend Geistwesen annehmen. Da aber Geistwesen nicht aus sich selber sein können, sondern geschaffen worden sein müssen, so scheue ich mich nicht, diesen geheimnisvollen Schöpfer ebenso zu benennen, wie ihn alle Kulturvölker der Erde früherer Jahrtausende genannt haben: Gott. So sehen Sie, wie in unseren Tagen, in denen man nicht mehr an den Geist als den Urgrund aller Schöpfung glaubt und darum in bitterer Gottesferne steht, gerade das Winzigste und Unsichtbare es ist, das die Wahrheit wieder aus dem Grabe materialistischen Stoffwahnes herausführt und die Welt verwandelt und wie das Atom der Menschheit die Türe öffnet in die verlorene und vergessene Welt des Geistes.« (http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,715322,00.html)