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Buch- und Filmbesprechungen

Das Moses-Rätsel

Von Rolf Krauss, Ullstein, München 2000

Dieses Buch ist erneut ein Beispiel dafür, dass wir in einer Zeit leben, in der (fast) alles in Frage gestellt wird und viele Vorstellungen ins Wanken geraten. Insbesondere aus der Vergangenheit werden immer mehr, bislang selbstverständliche „Tatsachen“, die in jedem Lehrbuch stehen, bezweifelt. Die GralsWelt hat gelegentlich darüber berichtet.
Auch die Bibel muss Kritiken hinnehmen, und das Alte Testament – für viele noch immer das „Wort Gottes“ – ist in den Augen zeitgenössischer Skeptiker eher eine Sammlung alter Sagen, die sich um einen sehr bescheidenen Wahrheitskern ranken. Trotz vieler Bücher, welche die historische Zuverlässigkeit der Bibel belegen wollen, wäre sie demnach als geschichtliche Quelle ungenügend.
Auch die Existenz einer so epochalen Persönlichkeit wie Moses ist durch die Forschung ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, bis hin zu der Aussage, es habe ihn so gar nicht gegeben.
In dem oben genannten Buch wird auf dieses Thema ausführlich eingegangen, es werden die altägyptischen Quellen untersucht und die Zuverlässigkeit der biblischen Überlieferungen diskutiert.
Was Moses betrifft, so war er demnach – oder besser sein historisches Vorbild – ein Prinz namens Mase-saja, der nach einem Thronstreit in Richtung Sinai fliehen musste. Vielleicht schlossen sich ihm einige Israeliten an.
Das Fazit dieses Buches ist schockierend und wird manchen Gläubigen entsetzen:

„Weder Moses noch irgendein nationaler Retter konnte die Kinder Israel aus Ägypten herausführen, denn für die Geschichtsforschung hat es keinen Aufenthalt der Israeliten in Ägypten gegeben. Weder Moses noch irgendein nationaler Religionsstifter hat auf dem Berg Sinai die Offenbarung empfangen, denn die biblische Religion ist erst Jahrhunderte nach der angeblichen Stiftung durch Moses entstanden. Es hat auch keinen Josua gegeben, der als Nachfolger von Moses das Verheißene Land eroberte, denn die Archäologie kennt keine kriegerische Landnahme der Israeliten. Ein national-religiöser Dichter hat diese Geschichten erdacht und dem Propheten Moses angedichtet.“ (S. 330).

In einer Zeit heftiger Konfrontationen im „Heiligen Land“, in der sich fundamentalistische Juden im Kampf um das „Gelobte Land“ auf die biblischen Verheißungen berufen, ist das eine sehr extreme Aussage, die politische Dimensionen annehmen kann.
Wir, die Redaktion der GralsWelt, können weder entscheiden, in wie weit die Behauptungen des Buches „Das Moses-Rätsel“ zutreffen, noch wollen wir daraus weitergehende Schlussfolgerungen ziehen. Was bleibt, ist die Feststellung, dass Religion eine Angelegenheit der persönlichen Erfahrung und des persönlichen Glaubens ist und bleiben wird.

Versuche, religiöse Wahrheiten mit historischen oder sonstigen wissenschaftlichen Methoden zu beweisen, sind bislang so gut wie immer fehlgeschlagen und sie werden auch in der Zukunft das innere Erleben nicht ersetzen.