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Esoterik

Die Atlantissaga Teil III.

WO LAG ATLANTIS? 

(Veröffentlicht in GralsWelt 25/2002)                      

An verschiedensten Plätzen, auf Kontinenten und in Ozeanen, wurde Atlantis vermutet. Zwar steht der Atlantik im Mittelpunkt, doch auch im Mittelmeerraum, in Afrika, in Amerika, im Pazifik, im Indischen Ozean und sogar in der Antarktis wurde es lokalisiert. (Vgl. z.B. 2, S.164). Manche Forscher sind auf der Suche nach den Ruinen von Atlantis sogar fündig geworden; doch fehlen überzeugende Beweise für die Entdeckung des sagenhaften Reiches. Einige der vermuteten Fundstätten dürfen wir dem Leser nicht vorenthalten.

Tartessos
Im Mündungsgebiet des Guadalquivir, vermutlich nahe dem heutigen Cadiz (Spanien), gab es im Altertum die reiche Handelsstadt Tartessos, das Tharsis der Bibel (Jes. 23, 1, 6 und 10; Hes. 27, 12 und 25). Um 800 v. Chr. wird Tartessos von Phöniziern erobert, erlangt aber ein Jahrhundert später seine Unabhängigkeit wieder, als Tyrus in die Gewalt der Assyrer gerät. Nun beginnt die Blüte von Tartessos, die eineinhalb Jahrhunderte währen sollte. Handelsbeziehungen reichen bis Griechenland, und das blühende tartessische Land mit seinem sagenhaften Reichtum an Silber fand Eingang in die Mythologie. Doch dann dringen die Phönizier erneut vor. 537 v. Chr. schlagen die aufstrebenden Karthager in der Seeschlacht bei Alalia (Sardinien) die Phokäer (Griechen). Anschließend besetzen karthagische Truppen Südspanien und erobern 530 v. Chr. Tartessos.

509 v. Chr. wird dann sogar die Meerenge von Gibraltar für jedes nicht-karthagische Schiff gesperrt, so dass niemand mehr die rücksichtslose Ausbeutung der eroberten Gebiete durch die Karthager zu stören vermag. Tartessos, die reiche Stadt mit ergiebigen Silberbergwerken und unermesslichen Rinderherden, verschwindet aus der Geschichte, und bis heute kennt man noch nicht einmal seine genaue Lage.

Für griechische Seefahrer sind von nun an die „Säulen des Herkules“ (Gibraltar) das Ende der erreichbaren Welt. Die Seewege auf dem Atlantik werden von den Phöniziern geheim gehalten, und viele, von diesen vermutlich gezielt verbreitete Schauergeschichten schildern den Atlantik als ein Meer voller fürchterlicher Gefahren, das einem Mittelmeerkapitän unbefahrbar scheint. Die Geheimhaltung war so perfekt, dass man bis heute rätselt, wie weit die Phönizier im Atlantik vorgedrungen sind: Kamen sie bis England, Irland, Helgoland, zu den Kanarischen Inseln oder bis Amerika?

Der deutsche Archäologe Prof. Dr. Adolf Schulten (9) wollte Tartessos als Atlantis identifizieren, vermochte aber weder das alte Tartessos zu finden, noch dessen Identität mit Atlantis zu beweisen.
Ein eindrucksvolles Zeugnis tartessischer Kultur ist die „Dame von Elche“ (2, S. 104), eine 1897 bei Elche an der spanischen Ostküste gefundene Frauenplastik von hoher künstlerischer Qualität. Kopfschmuck, Frisur, Ketten und Ohrgehänge vervollständigen die fremdartige Ausdruckskraft der Büste von eigenartiger Anmut. Manche Atlantis-Forscher trauen den Tartessern eine solche Kunstfertigkeit nicht zu und halten die „Dame von Elche“ für eine Arbeit aus Atlantis.

Helgoland
Der deutsche Pastor Jürgen Spanuth hat in umfangreichen Arbeiten die Vorstellung entwickelt, dass das sagenumwobene Atlantis in der Nähe von Helgoland zu suchen sei. Nach seinen Forschungen gab es in der Nordsee Inselstädte, darunter den Königssitz der Atlanter, welche um 1220 v. Chr. durch Sturmfluten im Meer versanken. (10).
Neuere Untersuchungen scheinen zu bestätigen, dass im fraglichen Zeitraum tatsächlich Vulkanausbrüche und Sturmfluten die Nordseeküsten heimsuchten und die Bevölkerung vertrieben. (8, S. 264).

Kriegerische Seevölker
Neuerdings wird die These von Spanuth, lange verlacht, wieder herangezogen.
Manches spricht dafür, dass um 1200 v. Chr. Bewohner Südskandinaviens und Dänemarks, durch Naturkatastrophen aus ihrer Heimat vertrieben, in großen Scharen als Eroberer in den Mittelmeerraum zogen. Unwillkürlich denkt man an die Wikinger, die zwei Jahrtausende später die Küsten Mitteleuropas heimsuchten.
Im Tempel zu Medinat-Habu kündet eine Inschrift vom Sieg Ramses II. (1200-1256 v.Chr.) über die „Nord- und Seevölker“, die das Mittelmeergebiet verheerten und bis an die Grenzen Ägyptens vordrangen:
„Kein Land konnte ihnen standhalten, Hatti (das Hethiterreich), Kode (in Kleinasien), Karkemisch (am Euphrat), Yereth (Kreta?) und Yeres (Zypern) wurden in einem Zug zerstört…“(8, S. 263).
Folgt man Spanuth, so waren diese „Nord- und Seevölker“ Flüchtlinge aus dem unbewohnbar gewordenen, teilweise untergegangenen Atlantis in der Nordsee, die als „Philister“ vermutlich auch in der Bibel auftauchen. Allerdings waren diese bronzezeitlichen Eindringlinge, bei aller militärischen Tüchtigkeit, den Mittelmeervölkern technologisch keineswegs so überlegen, wie man das von den Atlantern der Sage erwarten möchte.

Santorin (das antike Thera)
Die südlichste Inselgruppe der Kykladen im Ägäischen Meer mit der Hauptinsel Santorin besteht aus den Überresten eines Vulkankraters, der im 15. vorchristlichen Jahrhundert explodierte. Der größte Teil der damals weit größeren Insel wurde dabei in die Luft gesprengt, das Meer drang in den aufgeplatzten Vulkankegel ein, Erdbeben erschütterten den Mittelmeerraum, riesige Dampf- und Staubwolken wurden in die Atmosphäre geschleudert, und eine auf 230 m Höhe geschätzte Flutwelle muss über benachbarte Inseln geschwappt sein, um dann gegen die Küsten Kretas, Griechenlands, Kleinasiens, der Levante und Nordafrikas zu branden.
Aus Schutt und Vulkanasche wurden auf Santorin seit 1967 die Überreste einer minoischen Besiedlung ausgegraben, Freskenmalereien hoher Qualität entdeckt, und eine Faktorei der Minoer freigelegt. Zu diesen archäologischen Forschungen kam es durch die Hypothese des griechischen Archäologen Angelos Galanopoulos, der dort Atlantis vermutet. James Mavor, der Leiter der ersten Thera-Expedition folgerte aufgrund seiner Entdeckungen:
„Meiner Meinung nach hatten wir schon wesentlich dazu beigetragen, die Theorie von Galanopoulos zu bestätigen, wonach Thera ein dicht bevölkertes Kulturzentrum, dessen Wohlstand und Zivilisation dem Kretas entsprechen, kurz, dass es die Metropole von Atlantis gewesen ist.“ (6, S 241 ).

Der Vulkanausbruch hat nicht nur diese Siedlungen, sondern alle Thera zugewandten Küsten der Ägäis zerstört. Der plötzliche Untergang der minoischen Kultur, das Verschwinden der kretischen Seemacht, waren wahrscheinlich eine direkte Folge. Vielleicht hat Thera sogar in die biblische Geschichte eingegriffen: Die Flut, welche das Moses verfolgende Heer des Pharao vernichtete, könnte ein Ausläufer der vom explodierenden Thera-Vulkan ausgehenden Flutwelle gewesen sein. *)
Es ist wahrscheinlich, dass die Explosion auf Thera nicht ohne Vorwarnung erfolgte; Erdstöße und kleinere Vulkanausbrüche haben die Bewohner erschreckt. Falls sie vor der zu befürchtenden Katastrophe nach Griechenland geflohen sind, wirkten sie dort vielleicht als Kulturbringer, die einen schnellen Aufstieg der griechischen Kultur förderten.

Die Explosion der Insel Thera war also ein Ereignis von historischer Tragweite. Es brachte einen Einschnitt in die Entwicklung des Mittelmeerraumes, verursachte Umwälzungen, die nur zum Teil nachvollziehbar sind. Doch dürften diese Tatsachen nicht ausreichen, Thera mit Atlantis gleichzusetzen, da weder die Lager der Insel, noch deren Ausmaß, noch die Zeit ihres Unterganges zum Atlantis Platons passen.
Manche Forscher sehen Thera als Vorposten der minoischen Kultur und siedeln das Zentrum eines größeren Reiches, das mit Atlantis identisch sein könnte, auf Kreta an, wo die beindruckenden Ruinen von Knossos die versunkene Größe des minoischen Reiches ahnen lassen.

Im Golf von Cadiz
Nach umfangreichen Forschungsarbeiten glaubt Uwe Topper (10), das sagenumwobene atlantische Reich im Golf von Cadiz lokalisieren zu können. Den Untergang von Atlantis führt er – ähnlich wie Otto Muck, der diese Insel allerdings im Atlantik vermutet (7) – auf den Einschlag eines Planetoiden **) zurück. Antike Sagen erzählen, dass Phaeton, der Sohn der Sonne, die Kontrolle über den Sonnenwagen verloren habe, wild über den Himmel gerast und zuletzt abgestürzt sei. Liegt darin vielleicht die Erinnerung an eine Kollision unserer Erde mit einem anderen Himmelskörper, dessen Sturz in den Anas-Fluss (Eridanus = Guadina) das blühende Reich der Atlanter vernichtete? Topper jedenfalls glaubt im Golf von Cadiz einen Einschlagkrater und damit die Lage von Atlantis zu erkennen. Er konnte seine Atlantis-Theorie mit vielen Belegen untermauern; einer der interessantesten davon ist:
„Ptolemäus benützte bei seiner Beschreibung des Weltkreises eine Gradeinteilung ähnlich dem Koordinatensystem, so dass jeder Ort mit zwei Zahlenwerten versehen war. Doch ich glaube, Ptolemäus bediente sich dabei eines Systems, das ein lange vor seiner Zeit lebendes Volk geschaffen hatte, ohne dass er sich des Zusammenhanges bewusst gewesen wäre. Wenn man seine Gradangaben für Spanien in eine moderne Karte einzeichnet, ergibt sich ein Bild, das sehr wohl von den Atlantern stammen könnte, den Griechen aber unvorstellbar gewesen sein msste:
Die Breitengrade waren schräg zu den heutigen geneigt, und zwar nach Norden abweichend, wenn man nach Osten blickt. Der Äquator entsprach demnach etwa dem heutigen Lauf des Amazonas und hatte damit dieselbe Neigung wie die Flüsse und Verkehrsstraßen auf der Iberischen Halbinsel. Ein Breitengrad verlief durch Setubal – Montamor – Belmonte – Jerica -Castellon de la Plana. Unsere heutige, abgeänderte Gradeinteilung beruht auf einer Renaissance, die notwendig war, da die Erdachse – und damit der Äquator – sich vor Jahrtausenden ruckartig verschoben hat. Dieser Umstand war Ptolemäus wohl nicht bekannt.
Die zweite Koordinate, unseren Längengraden entsprechend, ist noch viel seltsamer: Einzelne Orte wurden als Zentren einer Strahlung angenommen, der Winkel zwischen der ‚Nord-Richtung‘ und dem Breitengrad wurde in 90 Grad geteilt, und die Strahlen bildeten die zweite Koordinate. Auf Seekarten war das System bis ins 16. Jahrhundert eingezeichnet, wirkte jedoch eher wie Kartenschmuck, ähnlich wie die Seeungeheuer und Karavellen neben den Windrosen.
Tragen wir die Linien des Ptolemäus in eine moderne Karte ein, dann liegt der Ausgangspunkt aller spanischen ‚Längen’grade auf der Linie, die Ceuta mit Kap Sagres verbindet, also im Golf von Cadiz. Hier muss, so folgere ich, die ursprüngliche Hauptstadt gelegen haben…“ (10, S. 66).

Land- und Seekarten waren immer von großem Wert. Sie wurden sorgfältig bewahrt, den Nachkommen vererbt, wie ein Schatz gehütet, und immer wieder abgezeichnet, wenn sie verbraucht waren, oder kopiert werden konnten. Solche Kopien von alten Kopien zeugen für Kenntnisse antiker Kartographen, die bei weitem das Wissen übersteigen, das Phönizier, Griechen, Römer hatten. Vielmehr muss es eine Zivilisation gegeben haben, die einen Stand erreichen konnte, den zu übertreffen der Neuzeit vorbehalten war.
So entrollt sich für Uwe Topper das Bild einer Ur-Zivilisation vor den heutigen Küsten Spaniens (wo auch schon Adolf Schulten vergeblich nach Tartessos suchte), die durch eine kosmische Katastrophe vernichtet wurde. Die damit verbundenen Erschütterungen veränderten die Lage der Erdpole, Flutwellen rasten über die Küsten, Erdbeben und Vulkanausbrüche zerstörten das Menschenwerk. Alte Sagen sprechen von einer Sintflut, welche die entwickelteste Zivilisation zerstörte, auf allen Kontinenten Opfer forderte, und die wenigen, in den Ruinen Überlebenden vor die schwere Aufgabe eines Neubeginnes stellte.

Die megalithischen Anlagen von Bimini
Ein moderner Atlantis-Forscher, der vor unkonventionellen Arbeitsmethoden nicht zurückschreckt, ist David Zink. Er ließ sich von einer Äußerung Edgar Cayces (1877-1945) aus dem Jahre 1933 inspirieren, dass auf dem Meeresgrund vor Bimini in der Gruppe der Bahamas die Überreste eines atlantischen Tempels zu finden seinen. Diese Aussagen wurden durch rätselhafte Luftaufnahmen gestützt, die geometrische Strukturen auf dem Meeresgrund zu zeigen schienen. So verdichtete sich die Vermutung, dass bei Bimini etwas Außergewöhnliches gefunden werden könne, und Zink entschloss sich, dieser Frage nachzugehen.
Sein Vorhaben erwies sich allerdings als schwieriger als erwartet. Die Unterwasser-Archäologie steht noch am Anfang ihrer Entwicklung, und gemeinhin wird unterschätzt, wie kompliziert es ist, sich unter Wasser zu orientieren, einen Überblick über die Unterwasser-Landschaft oder auch über größere Strukturen zu gewinnen, kleinere Fundstellen wiederzufinden, vermeintliche oder echte Fundobjekte von Sand und Schlamm zu befreien und zu bergen. So war das Ergebnis mehrerer Expeditionen insgesamt dürftig.
Zink und seine Mitarbeiter entdeckten zwar die Überreste von alten künstlichen Anlagen im Meer vor Bimini, konnten diese aber nicht genauer einordnen oder einem bestimmten Kulturkreis zuschreiben. Immerhin kam der an den Arbeiten beteiligte Archäologe John Steele zu der Auffassung:
„Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es sich tatsächlich um eine archäologische Stätte megalithischer Bauwerke handelt. Es gibt auch gute Gründe anzunehmen, dass sie eine kultische Funktion hatten.“ (12, S. 79).
Der Expeditionsleiter selbst wollte verständlicherweise mehr erfahren und schaltete dazu zwei Hellseherinnen ein, deren Aussagen sich ergänzten. Sie sprachen von einer kultischen Anlage, die älter sei als Stonehenge ***), dessen Alter von einer der Seherinnen mit 18.000 Jahren angegeben wurde.
Die Bauten vor Bimini könnten demnach ein Tempel der Atlanter gewesen sein. Angeblich sprudelten dort einst natürliche Heilquellen, vielleicht als Teil kultischer Heilbehandlung; in alten Kulturen sind ja Kult und Heilung kaum von einander zu trennen.
Wie immer man zu den Vermutungen über den Ursprung und das Alter der von Zink gefundenen archaischen Anlagen stehen mag, interessant ist das Fazit des Forschers selbst:
„Meine Nachforschungen zu den hier angeschnittenen Problemen haben mich langsam aber sicher dazu gebracht, Plato als eine maßgebliche Informationsquelle für eine historische Tatsache anzuerkennen: dass Atlantis wirklich existiert.“ (12, S. 198).

War Troja Atlantis?
Vor einigen Jahren fand die These des Geoarchäologen Eberhard Zangger einige Beachtung, dass Atlantis mit Troja identisch sei (11). Seine Ansichten gründet er auf literarische Quellen (Platon, Homer) und Untersuchungen vor Ort. Die reiche Handelsstadt Troja am Eingang des Hellespont (Dardanellen) wurde am Ende der Bronzezeit in einem Krieg völlig zerstört.
Ähnlichkeiten des historischen Troja mit der von Platon beschriebenen Hauptstadt von Atlantis scheinen gegeben, und Zangger glaubt, dass die Überlieferungen aus einer Handelsstadt am Mittelmeer ein Großreich im Atlantik gemacht haben.

Eine vererbte Erinnerung?
Rückblicke auf eine Insel inmitten des Atlantik, die „während eines einzigen schlimmen Tages und einer einzigen schlimmen Nacht“ versunken sei, findet man nicht nur bei Platon oder in Mythen und Sagen. Auch die höchst merkwürdige Lebensweise europäischer Aale scheint zu zeigen, dass sie sich den neuen Bedingungen nach dem Untergang von Atlantis noch nicht angepasst haben, weil sie sich sozusagen so verhalten, als gäbe es dieses Eiland „Atlantis“ noch. Unsere Aale kommen in der Saragossa-See zur Welt. Die als Glasaale schlüpfenden Jungfische verlassen schon bald den schützenden Tangwald ihrer ersten Kindheit und vertrauen sich den warmen Gewässern des Golfstromes an, der sie endlich an das europäische Atlantikufer treibt. Diese ganz ungewöhnlich lange Reise über die breiteste Stelle des Atlantischen Ozeans dauert drei Jahre und kostet zahlreichen Jungaalen das Leben, weil sie auf offener See keine Deckung vor Raubfischen finden. An den Küsten Europas trennen sich dann die Geschlechter: die Männchen bleiben im Salzwasser zurück, während die Weibchen weiter flussaufwärts schwimmen müssen, da sie aufgrund eines geheimnisvollen Metabolismus (biologischer Stoffwechsel) nur im Süßwasser geschlechtsreif werden. Sie dringen bis zu den Quellen der Bäche vor und schrecken selbst vor Ausflügen auf sumpfiges Land nicht zurück. Mit fünf Jahren sind die Weibchen erwachsen und wenden sich wieder dem Meere zu, wo sie nach zweijähriger Trennung der Geschlechter wieder mit den Männchen zusammentreffen. Dann beginnt der gemeinsame Rückweg zum Saragossa-Meer, allerdings nun gegen die Strömung. Auf diesem Weg lauern wieder Gefahren. Nachdem in den Küstengewässern hungrige Seevögel über die ihrer Heimat zustrebenden Aalschwärme hergefallen sind, folgen auf hoher See Raubfische und Delphine den Aalen bis in die großen Tiefen, welche diese für den Rückweg wählen. Doch die erwachsenen Aale streben zügig „nach Hause“, zu den Tangwäldern der Saragossa-See, die sie nach etwa 240 Tagen erreichen. Hier sorgen sie für den Nachwuchs, um bald darauf zu sterben.

Die Wanderung der europäischen Aale ist eine Besonderheit im Tierreich, zumindest was die zurückgelegten Entfernungen betrifft. Man fragt sich, warum die Evolution sie auf die weite und gefährliche Hin- und Rückreise quer durch den Atlantik schickt, da die amerikanische Küste ihrem Geburtsort ja viel näher liegt. Hat sich die Evolution geirrt? Sind die Aale das Opfer einer existenzgefährdenden Fehlentwicklung, deren Ursache eine zufällige Mutation ist?
Wäre der Zufall im Spiel, dann müsste es sowohl Aale geben, die von der Saragossa-See aus nach Europa schwimmen, wie solche der gleichen Spezies, die Amerikas Küsten und Flüsse wählen, um geschlechtsreif zu werden. Die letzteren sollten einen gewaltigen Selektionsvorteil verbuchen können, und im Verlauf von Jahrtausenden müssten sie ihren benachteiligten Konkurrenten längst den Rang abgelaufen haben. ****)
Wahrscheinlich gibt es nur eine plausible Erklärung für die eigenartige Lebensweise der europäischen Aale: Sie wollen nicht nach Europa, sondern streben, um dort zu laichen, zu einer Insel im Atlantik, zu der sie schon vor Jahrtausenden der Golfstrom getragen hat Nun ist diese Insel versunken, ohne dass sich der Instinkt der Aale gleichzeitig ändern konnte. So streben sie immer noch nach Atlantis, über dessen Ruinen hinweg die Meeresströmungen sie heute bis nach Europatreiben. Hier können sie sich dann entwickeln, müssen aber nach dem langen und gefahrvollen Hinweg auch noch den bedrohlichen Rückweg überleben. Würden sich ihre Überlebenschancen verbessern, wenn sie die Reiseroute ändern könnten, um als Jungaale das nahe Amerika anzusteuern? Oder müssen sie sich den Strömungen des Golfstromes ausliefern, gleichviel wie weit sie dieser treiben mag?
Wie immer die Antworten auf diese Frage lauten mögen, der Gedanke liegt nahe, dass im Verhalten der Aale Reminiszenzen an Atlantis zu finden seien; eine im Erbgut gespeicherte Erinnerung an die Insel im Meer, deren Untergang noch nicht so weit zurückliegt, dass sich das Verhalten der Aale auf natürlichem Wege an die neuen Verhältnisse anpassen konnte. (7).

Wo dürfen wir das untergegangene Reich der Atlanter vermuten?
Am wahrscheinlichsten scheint eine große Insel, vielleicht sogar ein Kleinkontinent im Atlantischen Ozean lokalisierbar, der wie das Atlasgebirge oder die Azteken noch in seinem Namen an die untergegangene Hochkultur erinnert.

Murry Hope kommt zu dem folgenden Ergebnis:
„Die Beweise vom Meeresgrund deuten darauf hin, dass die Azoren, die Kanarischen Inseln, Madeira und die Kapverdischen Inseln vor langer Zeit zum Atlantis-Kontinent gehörten. Einige Fachleute glauben, dass darüber hinaus auch die St.-Peter-und-Paul-Felsen und die Bermuda-Inseln ein Teil von Atlantis waren. Außerdem gibt es Beweise dafür, dass früher östlich und westlich des Atlantikrückens mehrere kleinere Inseln existierten, die vielleicht von den Seeleuten des Altertums als Sprungbretter zu dem größeren Kontinent dahinter benutzt wurden. Sie würden den Inseln entsprechen, von denen Platon schrieb, man könne von ihren zu ‚dem ganzen gegenüberliegenden Festland (gelangen), welches jenes Meer umschließt, das eigentlich allein den Namen Meer verdient.'“ (5, S. 106).

Fortsetzung Teil IV.

Endnoten:
*) Die derzeit meistgenannten geschichtlichen Daten passen allerdings nicht zu dieser Vermutung: Der Exodus wird um 1250 v. Chr. vermutet, die Explosion auf Thera auf 1628 v. Chr. datiert.
**) Planetoiden oder Asteroiden sind Kleinplaneten, die vor allem im Raum zwischen Mars und Jupiter um die Sonne kreisen. Etliche von ihnen können der Erde gefährlich nahe kommen.
***) Stonehenge bei Salisbury (England) gilt als megalithische Kultstätte, die angeblich zwischen 2800 und 1400 v. Chr. entstand. Megalithische Bauwerke sind aus großen Steinblöcken ohne Mörtelbindung errichtet und werden der Jungsteinzeit bzw. Bronzezeit zugeschrieben.
****) Die etwas weiter westlich geborenen amerikanischen Aale vertrauen sich in der Tat dem Florida-Strom an, der sie in einem Jahr zur amerikanischen Ostküste trägt. Die beiden Populationen der europäischen und der amerikanischen Aale scheinen aber aus verschiedenen Arten zu bestehen, die sich nicht vermischen: Anguilla anguilla (europäischer Flußaal) und Anguilla rostrata (amerikanischer Flussaal).

Literatur:
(1) Aschenbrenner, Klaus „Die Antiliden“, Universitas, München 1993.
(2) Berlitz, Charles „Das Atlantis Rätsel“, Droemer Knaur, München 1978.
(3) Freksa, Martin „Das verlorene Atlantis“, Klöpfer & Meyer, 1997.
(4) Gadow, Gerhard „Der Atlantis-Streit“, Fischer, Franktfurt 1973.
(5) Hope, Murry „Atlantis“, Zweitausendeins, Frankfurt 1994.
(6) Mavor, James W. jr. „Reise nach Atlantis“, DTV, München 1973.
(7) Muck, Otto „Alles über Atlantis“, Droemer-Knaur, München 1976.
(8) Paturi, Felix R. „Die großen Rätsel unserer Welt“, ADAC Verlag, München 1999.
(9) Schulten, Adolf „Tartessos“, Cram, de Gruyter & Co. Hamburg 1970.
(10) Topper, Uwe „Das Erbe der Giganten“, Walter, Oltern 1977.
(11) Zangger, Eberhard „Atlantis“, Bechtermünz, Augsburg 1996.
(12) Zink, David „Von Atlantis zu den Sternen“, Bertelsmann, München 1978.