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Wirtschaft und Soziales

Hungrig, tüchtig, risikobereit…

Die Asiaten werden auf uns keine Rücksicht nehmen
Eine Analyse der „Gelben Gefahr“ aufgrund der weltweiten wirtschaftlichen Entwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten.

Veröffentlicht in GralsWelt 59/2010.

Im April des Jahres 1983 reiste ich zum ersten Mal für etliche Wochen nach (Süd-)Korea. Meine Aufgabe war, eine koreanische Fahrradreifenfabrik mit der Entwicklung und Konstruktion von Motorradreifen, damals noch Diagonalreifen, vertraut zu machen. Erfahrungen in der Reifentechnik hatte ich als Entwicklungschef einer Reifenfabrik gesammelt und war auf dem neuesten Stand.

Auf dem Hinflug hatte ich anfangs ein schlechtes Gewissen und fragte mich, ob ich dabei war, einem Schwellenland moderne Technologie zu liefern, mit der dann unseren deutschen Firmen Konkurrenz gemacht würde, so dass bei uns Arbeitsplätze verloren gehen könnten.

Dann bedachte ich, dass wenige Monate zuvor der VW-Chef Carl Hahn in China war, um mit der chinesischen SAIC-Gruppe einen Vertrag über die Produktion des VW Santana in der Volksrepublik China zu unterzeichnen. Bei dem Gedanken an diesen enormen Technologie-Transfer eines der größten deutschen Industrieunternehmen kam ich mir dann ganz bescheiden vor, mit einer Aktentasche voll persönlicher Notizen und meinem Fachwissen im Kopf…

Wie gefährlich ist die „Gelbe Gefahr“?

Von der „Gelben Gefahr“ wird seit einem Jahrhundert gesprochen. Nach seiner erzwungenen Öffnung für den Westen im Jahre 1854 hatte zum Beispiel Japan überraschend schnell den Anschluss an die westliche Technik gefunden. 1905 konnte Japan sogar einen Krieg gegen eine europäische Großmacht (Russland) gewinnen. Was sollte werden, wenn auch China, mit seiner gigantischen Bevölkerung, einen ähnlichen Weg einschlagen würde?

Dann zerstritt sich China in Bürgerkriegen und musste einen langen, ermüdenden Kampf gegen die Invasion der Japaner führen. Nach dem blutigen Sieg der Kommunisten im Jahre 1949 kostete die maoistische Kulturrevolution (1965–1976) viele Millionen Menschen das Leben und zerstörte einen großen Teil der Kulturgüter, die Jahrzehnte Revolution, Krieg und Bürgerkrieg überstanden hatten. Die „gelbe Gefahr“ schien angesichts dieser Selbstzerfleischung vorerst gebannt.

Das im Zweiten Weltkrieg schwer getroffene Japan (der sogenannte „große Tiger“) erholte sich – wie auch Deutschland – schneller als erwartet. Die japanischen Kolonien Korea und Taiwan, sowie die von den Japanern eroberte englische Kolonie Singapur (die „kleinen Tiger“) wurden nach dem Zweiten Weltkrieg selbständig und suchten Anschluss an das westliche industrielle Niveau.

Das in Ostasien vorhandene Potential an fleißigen, nicht selten auch schon gut ausgebildeten Menschen wurde im Westen unterschätzt, wo man nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst den Afrikanern größere Entwicklungschancen zuschrieb als den Ostasiaten.

Insbesondere die USA fühlten sich, nach dem gewonnenen zweiten Weltkrieg und ihrem epochalen Aufstieg zur größten Weltmacht, allen anderen überlegen. Beim Wettrennen um die erste Mondlandung (1969) konnten sie ihre wissenschaftlich-technische Vormachtstellung eindrucksvoll unterstreichen.

Erst der in den 1960er Jahren beginnende Aufstieg Japans zu einer wichtigen Export-Nation ließ nachdenkliche Beobachter ahnen, was im fernen Asien möglich schien …

Weshalb die Konkurrenz aus dem Osten unterschätzt wurde

Als ich im Jahr 1983 zum ersten Mal nach Korea kam, sah ich ein Schwellenland, also ein Land, das sich im Übergang vom Entwicklungsland zum Industrieland befand.
Nach dem Ende des Korea-Krieges (1953) war das weitgehend zerstörte Südkorea als Agrarland eines der ärmsten Länder der Welt. Es besitzt keine nennenswerten Lagerstätten von Öl, Kohle oder Erzen und kann nur auf den Fleiß seiner Menschen bauen. In dem dichtbesiedelten Land können die Wälder nicht einmal den Holzbedarf decken.
Wenige Jahrzehnte später, in den 1980er Jahren, hatte sich das rohstoffarme Südkorea mit damals gut 40 Millionen Einwohnern[i] zum zehntgrößten Industrieland entwickelt; allerdings nicht mit demokratischen Strukturen, sondern zunächst unter einer – als Demokratie getarnten – beinharten Diktatur. (Zur Geschichte Koreas vgl. „Vom Land der Morgenstille“, unter „Geschichte“).

Als Ingenieur war für mich ein Nebeneinander von schrottreifen Produktionseinrichtungen und modernen Maschinen von besonderem Interesse. So gab es zum Beispiel noch Fertigungsstraßen, die aus der Zeit des Ersten Weltkrieges stammen konnten. Gleich daneben waren hochmoderne Transfer-Automaten – zum Beispiel für die Fertigung von Fahrradventilen – im Aufbau, wie ich sie bei den Wettbewerbern in Deutschland nicht gesehen hatte.

Die koreanischen Ingenieure waren den Anforderungen der modernen Technik (das Modewort „High-tech“ kam später) voll gewachsen. Auch meine Empfehlungen wurden anerkannt und erfolgreich umgesetzt. Meinen koreanischen Partnern war schnell klar, dass sie bis dahin nur unzureichend mit der Konstruktion moderner Motorradreifen vertraut waren.

Bei meinem ersten Besuch wurden mir folgende Erkenntnisse bewusst, die zumindest damals im Westen zu wenig Beachtung fanden:
• Man konnte bei dem damaligen Lohn-Niveau[ii] jegliche Standard-Technologie in Korea preiswerter herstellen als bei uns. Zur Standard-Technologie gehört zum Beispiel das Automobil oder der Schiffbau. Schließlich gab es damals in Korea schon zwei der größten Werften der Welt. Auch Autos wurden in Großserie gebaut und exportiert. Heute gehören koreanische PKW auch in Deutschland zum normalen Straßenbild.
• Länder mit einer alten Handwerkstradition haben keine Schwierigkeiten, sich mit der modernen Technik vertraut zu machen. Das gilt nicht nur für Ostasien (China, Japan, Korea, Singapur, Taiwan usw.) und Indien[iii], sondern galt zum Beispiel auch für Bayern, das eigentlich so recht erst nach dem Zweiten Weltkrieg zum Industrieland wurde. Bayern kann auf eine lange handwerkliche Tradition, zum Beispiel der Augsburger Silberschmiede, zurückblicken.
• Entwicklungsländer sind mit einer arbeitsintensiven Technologie nicht zufrieden, obwohl diese bei dem dortigen Lohnniveau ausreichen würde. Man hat ja genügend billige Arbeitskräfte und muss die Rationalisierung nicht auf die Spitze treiben. Doch die Zeiten sind vorbei, wo – zum Beispiel aus England – veraltete Anlagen in die Kolonien exportiert wurden. Heute wird auch in exotischen Ländern die modernste Technik verlangt, mit der die Asiaten – nach erstaunlich geringen Anlaufschwierigkeiten – bestens zurechtkommen.
• Entwicklungsländer sind nicht mit der Produktion von Standard-Produkten zufrieden. Sie streben auch nach High-tech-Erzeugnissen mit großen Zuwachsraten.
• In der konfuzianischen Tradition Ostasiens hat Lernen einen hohen Stellenwert. Auf eine gute Ausbildung wird großer Wert gelegt. Schon von Schulkindern wird ein Arbeitspensum verlangt, das man bei uns für unzumutbar hält[iv]. Die koreanischen Universitäten strebten schon in den 1980er Jahren danach, das Niveau der US-Universitäten zu erreichen. Die Spitzenkräfte der Industrie haben oft bei Top-Universitäten im Ausland (meist in den USA) promoviert.
• Die konfuzianische Philosophie (vgl. „Das Vermächtnis des Konfuzius“ unter „Religionsgeschichte“) war damals noch von großem Einfluss auf die koreanische und andere ostasiatische Gesellschaften. Die von Konfuzius geforderte Loyalität gegen Höhergestellte war für die hierarchisch organisierte Industrie von Vorteil. Inzwischen hat das Vertrauen in die Geschäftsführungen (und in demokratische Politiker) bei jüngeren Menschen, zum Beispiel in Japan und Korea, nachgelassen. Besonders seit große Unternehmen in Krisensituationen die übliche lebenslange Beschäftigungsgarantie nicht mehr eingehalten haben. Zudem wird die konfuzianische Ethik, die der Erziehung edlen Menschentums dienen will, manchmal in einer Weise ausgelegt, die Korruption zulässt.

Der Drache erwacht und der Elefant marschiert los

Inzwischen scheinen die inneren Wirren in China überwunden, und das derzeit volkreichste Land der Erde ist mitten in einer gigantischen Aufholjagd, ebenso wie Indien mit einer etwas kleineren, aber schneller wachsenden Bevölkerung[v].

Die industrielle Revolution begann in der Regel mit der Textilindustrie. So zum Beispiel im 18. Jahrhundert in England, im 19. Jahrhundert in Deutschland und Japan, im 20. Jahrhundert in China und Indien. Heute sind der „große Drache“ (China) und der „Elefant“ (Indien) in der Textilindustrie führend. In Mitteleuropa ist die Herstellung von Textilien, Lederwaren, Schuhen und Spielwaren zur Nischen-Produktion für Luxusmarken geworden.

Doch die jungen Industrieländer Asiens streben auf allen Gebieten die Weltmarktführung an. Über Optik und Fotografie braucht man nicht mehr zu reden; hier ist die einst weltbeste deutsche optische Industrie seit Jahrzehnten durch japanische Firmen auf Spezialgebiete zurückgedrängt.

Längst hat man in Asien erkannt, dass die Informations-Technologie (IT) derzeit die größten Wachstumsraten verzeichnet und strebt auch hier ganz nach vorn.

In der Fahrzeugindustrie – dem wichtigsten Zweig der deutschen Industrie – ist neuerdings VW dabei, an Toyota (Japan) als größten Automobilhersteller aufzuschließen. General Motors (USA) ist zurückgefallen. Qualitativ hochwertige deutsche Automobile verkaufen sich noch immer gut in vielen Ländern, sogar in China. Doch dort kommen diese „deutschen“ Autos vorwiegend aus einheimischen Fabriken, die kaum Arbeitsplätze in den klassischen Industrieländern schaffen.

Die Chinesen selbst liegen mit ihren Autos in der Qualität gegenüber Europa oder den USA noch zurück, obwohl sie 2009 mit 13 Millionen Kraftfahrzeugen, davon 10 Millionen PKW, mehr Automobile produzierten als Deutschland (2008: 11 Millionen).

Im Moment kommen aus China noch nicht die richtigen Autos für zahlungskräftige amerikanische oder europäische Kunden: Der Geländewagen „Landwind“ von Jiangling, sowie der BS 6, ein Mittelklassewagen von Brilliance, enttäuschten u. a. im Crashtest. Auch der verbesserte, preislich günstige Mittelklassewagen BS 4 konnte 2009 im Crashtest nicht überzeugen und liegt in der Technik (noch) um ein Jahrzehnt zurück. Doch das sind kleinere Hersteller. Die Invasion der Großen – vielleicht sogar mit technisch einfacheren Elektroautos – steht noch bevor.
Keinesfalls sind die Chinesen zu unterschätzen; auch wenn sie derzeit noch nicht mit hochklassigen PKW aus Europa konkurrieren können. Sie werden zulernen. Schließlich liefern zum Beispiel BMW, Mercedes und VW das nötige Know-how für die Automobil-Produktion und bilden chinesische Fachkräfte aus!

In Indien sind die Verhältnisse etwas anders. Hier werden besonders Billigautos gebraucht, die zu den verlangten Preisen nur in Entwicklungsländern gebaut werden können. Im Januar 2008 wurde der TATA Nano vorgestellt, der zu einem Grundpreis von knapp 2.000,- US-Dollar angeboten werden soll. Derzeit ist der Nano noch kein Auto für Europa; doch auch die Inder entwickeln weiter und haben große Pläne. Eine für Europa geeignete Version des Nano soll 2012 auf den Markt kommen.

Die Träume von den riesigen asiatischen Märkten sind für die Amerikaner und Europäer zum Teil geplatzt; denn die Chinesen und Inder zum Beispiel wollen ihren Inlandsmarkt mit eigenen Produkten bedienen und außerdem noch exportieren!

So hat China als größte Exportnation den bisherigen Spitzenreiter Deutschland im Jahr 2010 überholt. Für den Export nach Asien bleiben den klassischen Industrieländern Luxusmarken und vor allem Investitionsgüter, die wiederum helfen, die Konkurrenzsituation für die Asiaten zu verbessern. Als Industriestandort ist Deutschland in den letzten Jahrzehnten laufend zurückgefallen. Ein Alarmsignal erster Ordnung ist die von Mercedes geplante Verlagerung der Produktion der C-Klasse (dem wichtigsten Umsatzträger des Konzerns) in die USA!

Technologietransfer, weil die größte Rendite winkt!

Mit der Übernahme von fremden Technologien ist man in Asien genauso wenig zimperlich wie mit patentverletzenden Nachbauten[vi]. Auch werden Verträge mit ausländischen Investoren oft so gestaltet, dass deren Know-how benutzt werden kann. So findet eine Übertragung von technischem Wissen statt, wie es sie in der Geschichte noch nie gegeben hat; nicht einmal nach den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts, als jedes Mal die deutschen Patente von den Siegern kassiert wurden.

Im Zuge der Globalisierung wollten sich Firmen aus Europa und den USA die riesigen Märkte Asiens nicht entgehen lassen. Andererseits können sie in wichtigen Ländern oft nur Fuß fassen, wenn sie dort produzieren, zum Teil sogar dort auch entwickeln. So fließt westliches Kapital dorthin, wo die größten Renditen winken, und wertvolles Fachwissen wird weitergegeben.

Von den Automobilfirmen, die zum Beispiel an China ihr Know-how verschenken, wurde schon gesprochen. Doch das ist nur der Anfang und es gibt viele weitere Beispiele.

Die erste kommerzielle Magnetschwebebahn – für deren Entwicklung der deutsche Steuerzahler Unsummen zu tragen hatte[vii] – wurde in China gebaut. Bei einem (nicht wahrscheinlichen) Folgeauftrag würden voraussichtlich die Chinesen, die nun über das nötige Know-how verfügen, das günstigste Angebot abgeben.

Um Flugzeuge zu verkaufen, muss der Airbus A 320 in China montiert werden, und die Chinesen wollen erreichen, dass der Konzern EADS in China auch entwickelt!

Längst werden namhafte westliche Firmen mitsamt ihrem Know-how von asiatischen Konzernen aufgekauft.

Die Globalisierung ist längst außer Kontrolle geraten

Neue Entwicklungen lassen sich leichter anstoßen, als danach – wenn sie ins Laufen kommen – auch kontrollieren. Das gilt für die Politik ebenso wie für die Ökonomie. Nur selten werden unerwünschte Folgen – „Kollateralschäden“ – vorhergesehen, und noch seltener hören Politiker oder Ökonomen auf die Warnungen klügerer Zeitgenossen.

Der hochbegabte Mathematiker John von Neumann (1903–1957), der selbst an der Entwicklung von Computern und Atombomben maßgeblich beteiligt war, fragte sich, was für die Menschheit gefährlicher werden könnte: Die Atombombe oder der Computer. Letzterer ist unter anderem die Voraussetzung für die IT-Technologie. Die moderne Informationstechnik, die blitzschnelle Nachrichtenverbindung von und mit jedem Ort der Erde, ist eine entscheidende Voraussetzung für die Weltmarktintegration, die globale Vernetzung von Börsen, Finanzen, Entwicklung, Produktion, Logistik, Service, Transport und Vertrieb.

Die Globalisierung, durch ihre Eigendynamik längst außer Kontrolle geraten, verändert die Welt mit zunehmendem Tempo in einer dem Westen nicht genehmen und obendrein aus ökologischer Sicht für die ganze Erde gefährlichen Richtung. Da helfen auch die schönen Worte nicht, dass es sich bei der Globalisierung um einen Ausdruck von „grenzüberschreitender Freiheit“ handle. Die Politik reagiert hilflos auf die schnellen Veränderungen, von denen sich viele Menschen überfordert fühlen.

Die auf kurzfristige Gewinnmaximierung eingeschworene kapitalistische Wirtschaft steht in einem harten Wettbewerb um die sogenannten Kernkompetenzen[viii]. Vorausschauendes Denken, das den ganzen Globus im Blickfeld hat, ist hier kaum zu finden. Ebenso ist die für eine gedeihliche Zukunftsgestaltung erforderliche soziale Verantwortung von den Kapitaleignern nicht zu erwarten.

Dabei ist es keineswegs so, dass diese wirtschaftlichen Umwälzungen völlig unvorhersehbar, wie ein Naturereignis, über uns kommen. Wie der Kulturhistoriker Wolfgang Schivelbusch in einem Spiegel-Beitrag (23/2007, S. 187) ausführt, hat die „Phantasmagorie der unendlichen Expansion“ die Gehirne der Entscheidungsträger so vernebelt, dass sie nicht mehr so recht wissen, was wirtschaftliche Rationalität und was öffentliches Spektakel ist. In solcher Euphorie werden dann auch die längst vorliegenden Warnungen vor der Globalisierung übergangen:
„In seinem 1902 veröffentlichten Buch ‚Imperialism‘, der ersten modernen Globalisierungstheorie, sprach der englische Wirtschafts- und Sozialtheoretiker John A. Hobson von den Folgen, die die Industrialisierung der außereuropäischen Welt für den alten Kontinent haben würde. Was er an die Wand malte, war die ökonomische Ertränkung des alten Kontinents in der Flut der konkurrenzlos billigen globalen Massenproduktion. Auf dieser Ebene konkurrieren zu wollen erschien Hobson hoffnungslos. Stattdessen empfahl er den Schweizer und den dänischen Weg einer in ihrer Art konkurrenzlosen High-Quality-Produktion. Diesen Weg haben die großen Konzerne in ihrer Ausrichtung auf die Massenproduktion naturgemäß weniger konsequent beschritten als Europas mittelständische Wirtschaft, die ihn in ihrer ganzen Bandbreite von Werkzeugmaschinen, Feinoptik, Designerbeleuchtung, Luxusautos und Grappa so kultivierte, dass sie global fast konkurrenzlos dasteht.“

Wir dürfen also hoffen, dass wenigstens der von der Politik vernachlässigte Mittelstand etwas weiter denkt, sich weniger von Aktienkursen blenden lässt und verantwortungsbewusster handelt als die viel zitierten „Heuschrecken“, die großen Globalisierungsgewinnler, die kein Segen für die Weltökonomie sind.

Tiger und Drache scheuchen auf, der Elefant trampelt nieder

In Deutschland wird es höchste Zeit, die schändlichen Spielchen zu beenden, mit denen sich Bund, Länder, Parteien, Verbände und Gewerkschaften gegenseitig blockieren und so das Land fast reformunfähig machen. Die notwendigen Strukturanpassungen weiterhin vor sich herzuschieben, ist nicht länger tragbar! Denn unser stolzes Lohnniveau[ix] wird sich nur halten lassen, wenn unsere Produkte um so viel besser sind wie sie teurer sind.

Voraussetzung dafür sind vor allem Forschung, Innovationen[x] und eine erstklassige Ausbildung für möglichst viele, am besten alle Mitbürger, aber auch der Abbau einer überbordenden Bürokratie. Wir müssen erkennen, was auf uns zukommen wird und entsprechend handeln, damit meine unliebsame Vorhersage nicht eintreten wird: Die Tiger und der Drache scheuchen die Weißen auf, und der Elefant trampelt sie dann nieder.

Die Asiaten werden keine Rücksicht auf uns nehmen. Sie sind hungrig, tüchtig, risikobereit und packen an; unterstützt von Regierungen, die soziale Standards und Umweltschutz nicht so wichtig nehmen wie das Wirtschaftswachstum.

Endnoten:
[i] Heute (2010) hat Südkorea 48 Millionen Einwohner und eine Bevölkerungsdichte von 483 Einwohnern pro km² (die Bundesrepublik Deutschland hat 231, Österreich 97 und die Schweiz 178 Einwohner pro km²).
[ii] 1983 wurde in Südkorea 54 Stunden pro Woche gearbeitet, Urlaub gab es zwei bis drei Tage pro Jahr. Die Kosten für einen Arbeiter betrugen insgesamt ca. DM 760,– pro Monat. Darin sind die Kosten für eine Abfindung enthalten, die damals nach Erreichen des Pensionsalters gezahlt wurde. Rentenversicherung gab es noch nicht. Arbeitnehmer wechselten nur selten; in der Regel blieb man seiner Firma (wie auch in Japan) das ganze Berufsleben treu. Seither sind die Löhne drastisch gestiegen und haben sich mehr als verdoppelt. Für manche Produkte, wie zum Beispiel Fahrradreifen, ist Korea inzwischen zu teuer geworden, und die Produzenten sind in billigere Länder wie Malaysia oder Thailand ausgewichen. Auch die lebenslange Beschäftigungsgarantie hat sich in Japan oder Korea nicht halten lassen und führte zu Vertrauensverlusten gegenüber den Unternehmen.
[iii] Inzwischen gibt es weitere aufstrebende Länder wie Brasilien, Kasachstan, Russland, Südafrika, die dem „Ostasiatischen Wunder“ nacheifern.
[iv] Schüler einer High-School in Korea bekamen kaum mehr als fünf Stunden Zeit zum Schlafen und mussten an Sonn- und Feiertagen voll durchlernen.
[v] Für das Jahr 2009 werden für China 1,331 Milliarden genannt (139 Einwohner pro km²), für Indien 1,171 Milliarden (356 Einwohner pro km²).
[vi] Auch in Europa und den USA war (und ist) man bei der Industriespionage nicht immer zimperlich. Vgl. „Stoppt die Spionage!“ in „Kurz, knapp, kurios“ Seite 310.
[vii] Die deutschen Politiker geben offenbar mit Vorliebe Geld für hoffnungslose Projekte aus, das dann für wichtige Aufgaben nicht mehr zur Verfügung steht. Man denke neben der Magnetschwebebahn nur an die Milliarden, die aus politischen Gründen für den sterbenden Steinkohlebergbau verschleudert wurden.
[viii] Als Kernkompetenz bezeichnet man die Fähigkeit bzw. Tätigkeit, die ein Unternehmen im Vergleich zur Konkurrenz besser ausführen kann und dadurch einen Wettbewerbsvorteil erlangt hat.
[ix] Für 2007 werden folgende Stundenlöhne genannt: Deutschland EUR 30,–; Polen 5,–; China 1,– bis 2,–; Vietnam 0,50.
[x] Innovation heißt wörtlich „Neuerung“ oder „Erneuerung“. Das Wort ist von den lateinischen Begriffen novus „neu“ und innovatio „etwas neu Geschaffenes“ abgeleitet. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff unspezifisch im Sinne von neuen Ideen und Erfindungen und für deren wirtschaftliche Umsetzung verwendet. Im engeren Sinne resultieren Innovationen erst dann aus Ideen, wenn diese in neue Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren umgesetzt werden (Invention), die tatsächlich erfolgreiche Anwendung finden und den Markt durchdringen. (Quelle: „Wikipedia“)